Innovationsbeauftragter Alkassar: „Digitalisierung ist für das Handwerk eine riesige Chance“


Ammar Alkassar im Anzug und Hemd

Ammar Alkassar | Foto: © privat

Der Bevollmächtigte für Innovation und Technologie der saarländischen Landesregierung, Ammar Alkassar, über Chancen und Herausforderungen der Digitalisierung für das Saarland und seine Wirtschaftsbereiche.
Ammar Alkassar ist Technologierat des Saarlandes. Das ist ein von der Landesregierung verliehener Ehrentitel, den verdiente Persönlichkeiten der heimischen IT-Szene innehaben. Im Hauptberuf ist er seit August 2018 der „Bevollmächtigte für Innovation und Strategie“ der Landesregierung, untersteht Ministerpräsident Tobias Hans direkt.
 
Alkassar ist ein vorandrängender Macher. Das spürt man im Gespräch mit ihm. Man tippt nur einige Stichworte an und er legt los. Der Deutsche mit syrischen Eltern wurde in Aachen geboren, kam später ins Saarland, ging hier zur Schule in Homburg. Nach dem Abitur studierte er Elektrotechnik und Informatik (in rekordverdächtigen sieben Semestern). Er ging dann für drei Jahre in die USA nach New York, kam zurück ins Saarland und gründete hier 2005 das Startup Sirrix AG, ein Unternehmen für Cybersicherheit. Das wuchs und wurde seinerzeit mit rund 100 Mitarbeitern drittgrößtes deutsches Unternehmen für Cybersicherheit, das dann von Rohde & Schwarz übernommen und zur Rohde & Schwarz Cybersecurity GmbH wurde. Alkassar wurde dort CEO und steuerte rund 600 Mitarbeiter. 2018 verließ er das bayerische Unternehmen und kam zurück ins Saarland. Ministerpräsident Tobias Hans fragte ihn, ob er sein Wissen und Können in Sachen Digitalisierung in die Landesregierung einbringen werde. „Gut, dann gestalte ich mit“, entschied er. Und soll nun der Landesregierung Anstoßund Ratgeber für den digitalen Transformationsprozess im Lande sein. Dem Rang nach mit einem Staatssekretär vergleichbar, sitzt er mit am Kabinettstisch, wo die Weichen gestellt werden.
 
Viele Politiker kommen, hat er beobachtet, vor lauter politischem Sach- und Termindruck kaum zum Nachdenken. „Strategie ist daher mein ganz großes Schlagwort, ich bin mit zuständig für Strategien, wie dieses Land in die Zukunft geführt wird. Strategisches Denken ist für die politische Gestaltung eminent wichtig.“
 
„Digitalisierung“, derzeit nahezu verbalinflationär an allen Fronten, „ist ein Querschnittsthema, das alle Lebensbereiche erfasst: Das private Leben, Wirtschaft, Arbeit, ja und natürlich auch das Handwerk.“
 
„Wir müssen die Menschen befähigen, mit dem Instrument ,Digitalisierung‘ umzugehen“, meint er. Das müsse in der Schule beginnen, setze sich im Arbeitsleben fort. Digitalisierung, in der wir ja längst mittendrin sind, sei eine „gemeinsame Herausforderung für Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Die Sozialpartnerschaft in Deutschland bietet gute Voraussetzungen dafür zur Bewältigung der anstehenden Fragen.“
 
Vor allem müsse man den Menschen die Vorteile der Digitalisierung näherbringen. Sie schaffe Effizienzen, Freiräume, sie ermögliche es etwa, abseits der Ballungsräume im Homeoffice im Dorf zu arbeiten, erspare so Zeit und Fahrten in die Zentren.  E-Government, das heißt die Digitalisierung staatlicher Vorgänge, müsse vorangetrieben werden. Beispiel: Der jüngst im Saarland vorgestellte digitale Bauantrag.
 
„Einen Tick mehr“ müsse man bei der mittelständischen Wirtschaft bezüglich der strategischen Unterstützung machen, bei den KMUs also. Großunternehmen lösten die sich mit der Umgestaltung einherge- henden Fragen selbst, die kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) täten sich oft schwer damit. Hier hätten auch die Wirtschaftskammern wie IHK und HWK eine wichtige Schlüsselrolle, meint Alkassar.
 
Jedenfalls ist Alkassar überaus optimistisch, „dass wir im Land vorankommen“. Er erinnert an die starke Informatik, an die Künstliche-Intelligenz-Forschung („Ebenfalls ein Querschnittsthema“). „Wir brauchen Exzellenz. Wir wollen, wie bekannt, der weltweit größte Hotspot für Cybersicherheit, mit dem Helmholtz-Zentrum CISPA als Mittelpunkt, werden.“ Dafür müsse sich das Saarland aber attraktiv machen: „Das ist die große Herausforderung. Die Saarländer müssen ein bisschen mehr Selbstbewusstsein zeigen.“
 
Was bedeutet die Digitalisierung für das Handwerk? „Sie ist für das Handwerk eine riesige Chance nicht nur den 20-, 30- oder 40-Mitarbeiter-Betrieb, sondern auch für den kleinen Handwerksbetrieb mit fünf Mitarbeitern.“ Die Digitalisierung ermöglicht es auch dem Kleinbetrieb, mit der Industrie in Wettbewerb zu treten. Die sei geprägt von Massenproduktion, von großen Stückzahlen. Mittels eines 3-DDruckers könne der Handwerker kreativindividualisierte Komponenten schnell und preiswert produzieren und verkaufen. Das müsse das Handwerk nutzen, das ja heute in vielen Fällen vom Support, von der Reparatur lebe. „Der Kleinbetrieb bekommt riesige Chancen. Er muss sie ergreifen und umsetzen.“ Und da komme auch wieder die HWK ins Spiel, die diesbezüglich ihren Mitgliedern/Kunden unter die Arme greifen müsse, „was sie ja auch schon tut“. Vor allem müssten viele Handwerker noch mehr vom Markt her denken: „Was sind die Anforderungen des Kunden?“
 
Natürlich geht Alkassars Blick auch auf die anderen großen Branchen im Land wie Automotive, die Stahlindustrie, den Maschinenbau. Es stünden schon alle auf der Zugplattform, manche säßen bereits im Waggon und andere vorne im Führerhaus.
 
Und wie war das noch mit dem so griffigen Schlagwort vom „Saarland Valley“ in Anlehnung ans „Silicon Valley“ südlich von San Francisco, das Herz der IT-Welt? „‚Saarland Valley‘ benutzen wir nicht mehr so gerne, denn das heutige Silicon Valley war vor seinem Höhenflug einst ödes Farmland: Und das sind wir hier nun wahrlich nicht. Aber genau wie die Bay Area mit Stanford und Berkeley haben wir extrem starke Forschungseinrichtungen. Deshalb bin ich davon überzeugt, dass wir es schaffen werden, Deutschland und Europa an die weltweite Spitze zu führen.“