Kfz-Verband: „Wenn es die Innungen nicht gäbe, müsste man sie erfinden“


Saarländischer Kfz-Verband 2018

Martin Bitsch (rechts), Kfz-Landesinnungsmeister, und Niklas Burmester, Geschäftsführer des saarländischen Kfz-Verbandes und der Kfz-Innung, vor der Bliesgau Garage in Blieskastel, dem Unternehmen von Martin Bitsch, Foto: © Kerkrath

Kfz-Landesinnungsmeister Martin Bitsch und Niklas Burmester, Geschäftsführer des saarländischen Kfz-Verbands und der Kfz-Innung, über die Aufgaben ihrer Innung. 
Saarland. Autoland. Am Automobil hängt im Saarland mit gut 40.000 Arbeitsplätzen die Hälfte der Industrie- Beschäftigten. Aber auch das Kfz-Gewerbe mit seinen Autohändlern und Werkstätten ist ein bedeutender Arbeitgeber mit zwischen 6.000 und 7.000 Beschäftigten. Repräsentiert werden die Unternehmen des saarländischen Kfz-Gewerbes durch den heimischen Kfz-Verband, der zugleich Landesinnung des Kfz-Gewerbes in der Region ist. Als wichtiger Partner stehen den Kfz-Betrieben die Innungen und Verbände zur Seite – aber warum sind sie so unverzichtbar? Für Landesinnungsmeister Martin Bitsch (55), Inhaber der Bliesgau-Garage in Blieskastel, ist diese Frage schnell beantwortet: „Wenn es die Innungen nicht gäbe, müsste man sie erfinden. Weil bei uns Menschen arbeiten, die die Inhaber der Betriebe verstehen, die ihre Sprache sprechen und deren Probleme kennen.“ Die Kfz-Innung gehört mit rund 480 Mitgliedern zu den großen Innungen des Saarlandes. „70 Prozent aller Kfz-Betriebe im Saarland sind bei uns Mitglied, das ist ein sehr guter Wert“, so Bitsch. An Pluspunkten für die Mitgliedschaft in der Innung führt Bitsch an: „Wir bieten kostenlose Rechtsberatung mit einem eigenen Justiziar an, der die Betriebe auch vor Gericht vertritt. Außerdem unterstützen wir die Kfz-Betriebe in ihren Aufgaben in der amtlichen Fahrzeugüberwachung wie der Abgasuntersuchung oder der Sicherheitsprüfung für LKW. Hier arbeiten wir im Auftrag des Wirtschaftsministeriums. Und wir beraten die Betriebe in allen Fragen der Ausbildung – das ist unsere Kernkompetenz.“ Der Kfz-Verband führt für alle saarländischen Kfz-Mechatroniker-Auszubildenden die überbetriebliche Ausbildung als Teil der dualen Ausbildung durch. Das läuft im bestens ausgerüsteten verbandseigenen 3.500 qm großen Ausbildungszentrum (eines von 15 in Deutschland) mit aktuell zehn Werkstätten in der Untertürkheimer Straße im Industriegebiet Süd in Saarbrücken ab.
 
So habe man sehr schnell auf die Anforderungen von Digitalisierung und der sich abzeichnenden, zunehmenden Elektrifizierung des Antriebsstrangs reagiert, so Niklas Burmester (48), Geschäftsführer des Kfz-Verbandes. „Das ist eine große Herausforderung für uns und die Betriebe.“ Jeder angehende Kfz-Mechatroniker muss innerhalb der zehn zu absolvierenden Kurse einen Hochvoltkurs für Reparaturen an Elektromotoren im E-Auto absolvieren. Zu Ausbildungszwecken verfügt die Innung über vier Elektrofahrzeuge. In diesem Zusammenhang kritisiert Burmester die schlechte Versorgung des Gebietes Saarbrücken-Süd mit leistungsstarken Datenleitungen. Man werde jetzt selbst Geld in die nehmen und mit einem saarländischen Unternehmen einen entsprechenden Datenzugang organisieren.
 
Die Innungsbetriebe unterliegen dem eigenen Verbandstarif und haben Tarifbindung. „Daran halten wir bewusst fest, denn es ist letztlich auch ein Werbeargument für unsere Betriebe. Denn von einer guten Bezahlung hängt mit gutem Nachwuchs auch die Zukunft unserer Betriebe ab“, so Bitsch und Burmester. Derzeit ist der Verband dabei, sich zukunftsfest zu machen. „Wir brauchen und entwickeln neue Geschäftsfelder“, so Bitsch und Burmester.
 
Die Verbreiterung der Basis der Aktivitäten und die Generierung neuer Einnahmequellen („Wir gehen da sogar bis Südkorea“) steht auf der Agenda ganz oben. So wickele man etwa automobiletechnische Trainingsaufträge für Autohersteller und Zulieferer ab – für einen französischen Hersteller seien ständig zwei bis drei Trainer des Kfz-Verbands im Einsatz. Die Beitragseinnahmen der Mitglieder machen nur noch 15 Prozent des Etats aus.
 
Neben der laufenden Schulung im Rahmen der dualen Ausbildung bietet die Innung (Verband) auch Weiterbildungskurse an – etwa für Hochvolt-Ausrüstung am Auto. Derzeit wird das Trainingszentrum für insgesamt 3,5 Millionen Euro modernisiert, 60% davon trägt der Bund, 10 % das Land. Generell führe die Entwicklung der Technologie angesichts hohem Kapitalbedarfs zu einem Rückgang der aktuell noch rund 35.000 Kfz-Betriebe bundesweit, analog auch im Saarland, so Burmester. Denn viele Kleinstbetriebe schafften es nicht mehr, die nötigen Investitionen dafür aufzubringen. Auch die Zahl der Auszubildenden gehe angesichts der demografischen Entwicklung auch im Saarland zurück. Gleichwohl stehe man mit jährlich zwischen 220 und 250 Auszubildenden noch gut da. Immer noch ist der Kfz- Mechatroniker der Top-Ausbildungsberuf für männliche Jugendliche, Frauen sind mit gerade mal drei Prozent immer noch stark unterrepräsentiert. „Schade eigentlich, denn das ist noch ein großes Potenzial“, befindet Martin Bitsch.
 
Die Schnittstelle zwischen Handwerkskammer und Innung funktioniert gut: „Wir sind weitgehend unabhängig, schätzen die Arbeit der Handwerkskammer-Spitze: Das saarländische Handwerk ist intensiv in den Medien vertreten, das stärkt unsere Position. Die HWK ist ja Rechtsaufsicht für uns, wir haben eine intensive Zusammenarbeit und die funktioniert gut“, so Martin Bitsch. HWK-Präsident Bernd Wegner ergänzt: „Wir machen uns gegenüber der Politik vor allem für gewerksübergreifende Themen wie die Gleichstellung der beruflichen mit der akademischen Bildung oder Digitalisierung stark. Das sind dicke Bretter, die wir für alle Gewerke bohren. Nicht jede Innung kann zum Beispiel selbst Geld für schnelles Internet in die Hand nehmen wie der KFZ-Verband, der auch bei diesem Thema ganz weit vorn dabei ist.“
 
Kontakt Kfz-Verband/Innung: Tel. 0681/954040, E-Mail: info@kfz-saar.de, www.kfz-saar.de


DHB-Serie Innungen und Verbände des saarländischen Handwerks

Schornsteinfegerinnung: „Wir sind wichtiger Bestandteil der Energiewende“