Kulturmanager Leonardy setzt auf die französische Karte


Bernhard Leonardy sitzt an einer Orgel

Bernhard Leonard | Foto: © Rau

Der Konzertorganist, Dirigent und Geschäftsführer der Musikfestspiele Saar gGmbH, Bernhard Leonardy, über seine Arbeit, Ziele und Verbindungen zum saarländischen Handwerk.
Doch, ich bin ein Kulturmanager.“ Bernhard Leonardy (56) zögert eine kurze Sekunde mit der Antwort. Der weit über die Landesgrenzen hinaus bekannte Konzertorganist und Dirigent ist seit 2013 künstlerischer Leiter und seit 2015 auch künstlerischer Geschäftsführer der Musikfestspiele Saar gGmbH. Dazu ist er festangestellter Kantor der Basilika St. Johann in Saarbrücken und künstlerischer Leiter des internationalen Musikfestivals „Orgel ohne Grenzen“, ein Projekt in der Großregion Saar-Lor-Lux. Eine Menge Aufgaben, die sich alle nicht eben „mit links“ erledigen lassen. Schaut man auf seine Webseite, kommen noch allerhand andere Aktivitäten hinzu, die Leonardys Kreativität entspringen und die ihn an- und umtreiben.

Musik, die Orgel und das Handwerk – da gibt es für Bernhard Leonardy viele Gemeinsamkeiten: „Ebenso wie die Orgelbauer ihr Handwerk ausüben, sind wir Organisten ja auch Handwerker. Wir halten unsere Instrumente in Schuss, und brauchen natürlich auch dafür die Orgelbauer.“ Er freut sich darüber, dass es im Saarland noch mit dem in der Rolle der Handwerkskammer des Saarlandes eingetragenen Ausbildungsunternehmen Hugo Mayer Orgelbau GmbH einen Orgelbauer von Rang gibt.

Bei Leonardy denkt man natürlich auch an seinen Vater Robert Leonardy (79), den bekannten Saarbrücker Musikprofessor, Pianisten und Begründer der Internationalen Musikfestspiele Saar, eine im deutschen Festspielwesen fest etablierte Adresse, die dem Saarland ganz große Musikereignisse brachte. Vater Robert zog sich 2015 ganz aus dem Management der Festspiele zurück, die er kreativ und unorthodox bei seiner Werbung um Sponsorengelder zu einer Marke gemacht hat.

Mit dem Übergang vom Vater auf den Sohn gewissermaßen „en famille“ wurde das Musikfestival neu ausgerichtet: Während der Gründer auf ein Länderkonzept setzte, hat Bernhard Leonardy viele neue Elemente in die Spiele gebracht, die 2019 unter dem Motto „New Generation“ standen. Vom Zweijahresrhythmus schaltete er mit seinem Dreierteam auf jährlichen Turnus um. Mit dem Ergebnis der diesjährigen Saison ist er zufrieden: „Gut 11.000 Zuhörer besuchten 23 Konzerte von Klassik, Kammermusik- und Liederabenden bis zu Open-Air-Konzerten und jungen Konzertformaten.“

Hatten die „Musikfestspiele alt“ einen Etat von etwa 800.000 Euro, muss Leonardy jetzt mit 400.000 Euro auskommen: „Leicht ist das alles nicht, das Einwerben von Sponsorengeldern wird immer schwieriger“, meint er. „Gerade habe ich wieder eine Menge ,Bettelbriefe‘ auf den Weg gebracht.“ Die an der Saar zunehmenden wirtschaftlichen Probleme seien nicht gerade förderlich für die Gewinnung regionaler Sponsoren. Das Land hat seine direkte Förderung des Festivals weitestgehend eingestellt. „Im 2020er Haushalt stehen gerade mal 10.000 Euro für uns drin“, meint er und verhehlt seine Enttäuschung nicht. „Wir haben eine bekannte Marke, die Ansehen in der deutschen Festivallandschaft genießt. Wir müssen unbedingt mehr daraus machen.“ Ihm schwebt eine „Motivations-Offensive von Entscheidungsträgern“ vor, etwa von Unternehmen und Institutionen, die sich offensiv zum Festival bekennen. Er ist unverdrossen, hat ein gutes Netzwerk: „Es geht letztlich nur über die persönliche Beziehung.“

„Wir sind uns als Handwerkskammer unserer gesellschaftspolitisch-kulturellen Verantwortung für dieses Kulturevent bewusst, zeigen Flagge und haben über unsere Winfried E. Frank-Stiftung als Sponsoren die Spiele unterstützt“, so Bernd Reis, stellvertretender HWK-Hauptgeschäftsführer und Geschäftsführer der Stiftung.

Ein großes Anliegen ist dem frankophonen Musiker die Einbindung der Nachbarregion Lothringen. Da ist der Saarländer Leonardy ganz Europäer der Grande Région. Ausdruck ist sein Projekt „Orgel ohne Grenzen“ seines Internationalen Instituts für Orgel. „Wir setzen mit den Festspielen bewusst auf die deutsch -französische Karte.“ Ein Highlight war im November 2018 das von ihm initiierte und geleitete Friedenskonzert in der Kathedrale von Verdun zum 100. Jahr des „Armistice“, des Waffenstillstandstages im Wald von Compiègne, der den ersten Weltkrieg beendete. Kurzum: Die deutsche-französische Karte biete noch viel Potenzial, auch touristisch. Da fordert er mehr grenzüberschreitendes Denken ein und nicht nur Lippenbekenntnisse von Politikern. Ausdruck seiner Liebe zum Nachbarland ist für 2020 die Verpflichtung des Cheforganisten der Pariser Kathedrale von Notre Dame, Olivier Latry, verrät er dem DHB. „Das soll ein solidarisches Zeichen setzen mit den Organisten-Kollegen, die aufgrund der Brandfolgen ihre große Orgel von Aristide Cavaillé-Coll aus dem Jahre 1868 nicht bespielen können.“ Auch andernorts zieht Leonardy seine Fäden: Gerhard Richter (87), einer der wichtigsten lebenden deutschen Künstler, gestaltete neue Fenster für die Tholeyer Abtei. Er habe, erzählt er beiläufig, dem Künstler dank seiner privaten Bekanntschaft zur Gestaltung der Fenster überredet: „Richter hat sogar eine Anfrage für die Kathedrale von Reims abgesagt.“ Richters Fenster am Schaumberg seien ein künftiges touristisches Asset für das Land. Übrigens verantwortet Leonardy auch die Disposition des aktuell bei Orgelbau Mayer in Heusweiler laufenden Neuaufbaus der Tholeyer Abteiorgel.

Website von Bernhard Leonardy