Orgelbau Mayer bei YouTube: Ein gutes Gehör ist gefragt


Orgelbaumeister Stephan Mayer Joëlle Wedig
Orgelbaumeister Stephan Mayer wirbt in Sozialen Medien für den Beruf des Orgelbauers
Joëlle Wedig (21) fasst vorsichtig mit weißen Stoffhandschuhen die blankpolierte Orgelpfeife an. Sie besteht aus einer Zinn-Bleilegierung: Ohne Handschuhe gäbe es Fingerabdrücke auf der Oberfläche. Sorgsamer Umgang mit den wertvollen Pfeifen ist Pflicht im Orgelbau.

Joëlle Wedig ist Auszubildende im letzten Halbjahr der dreieinhalbjährigen Ausbildung zur Orgelbauerin bei der Hugo Mayer Orgelbau GmbH in Heusweiler. Im You- Tube-Kanal „Mach Dein Ding!“ der Handwerkskammer des Saarlandes (HWK) präsentiert sie zusammen mit Marius ihren Beruf.

Wie kam die 21-jährige zur Orgel? Nach dem französischen Abitur im grenznahen Saargemünd (Sarreguemines) „stieß ich im Internet auf den Beruf und die Orgelbaufirma Mayer“. Ein Studium war für sie keine Option: „Jahrelang nur Theorie, das ist nicht mein Ding“. Sie ist praktisch und kreativ veranlagt und wollte in ihrem Beruf anpacken, etwas schaffen, also buchstäblich „handwerken“.

Dann ging alles ganz schnell. Sie wollte das Heusweiler Orgelbauunternehmen kennenlernen, bewarb sich und bekam von Firmenchef Stephan Mayer (51) eine Einladung zur Vorstellung. Dann gab es eine Woche Praktikum und für Joëlle war klar: „Das ist es.“ Sie begann ihre Ausbildung.

„Der Beruf ist sehr abwechslungsreich, forderte meine Kreativität heraus, wenn ich Aufträge übertragen bekomme und ich sehe, was ich geleistet habe.“ Orgelbau heißt zwangsläufig viel Arbeit mit Holz. Eine reine Schreinerlehre aber hat sie nicht gelockt. Zwischen dem Orgelbauerberuf und dem Schreiner gebe es doch viele Unterschiede. Der schulische Teil der Ausbildung fand in der Oskar-Walcker-Schule in Ludwigsburg statt, der einzigen Berufsschule für Orgelbauer in Deutschland. „Musikalisch bin ich nicht und ich kann auch keine Noten lesen“, meint sie. Beides ist auch nicht unbedingt Voraussetzung für den Beruf. Wer’s draufhat, dann schadet es eben auch nicht. „Aber man muss Fingerspitzengefühl und vor allem ein gutes Gehör haben“, meint sie. Orgeln müssen schließlich auch gestimmt werden.

Anfang 2020 ist sie mit ihrer Ausbildung fertig und bleibt dann noch ein Jahr bei Mayer. Danach steht ein Jahr Ausland auf dem Programm – wohl Australien oder Neuseeland. Was kommt danach? Sie will auf jeden Fall im Beruf bleiben – vielleicht in fernerer Zukunft auch mal den Meisterbrief erwerben. Sie reist gerne und treibt Sport. Auch im Privatleben hat sie mit Orgelbau zu tun: Ihr Freund macht gerade eine Lehre zum Orgelbauer beim größten deutschen Orgelbauer Klais in Bonn.
Orgelbaumeister und geschäftsführender Gesellschafter Stephan Mayer war anfangs skeptisch für eine Beteiligung bei „Mach Dein Ding!“. Schnell wurde ihm klar, dass es hier um die Gewinnung des Nachwuchses für den Orgelbau geht und „da machte ich natürlich mit. Denn wo die Jungen unterwegs sind, eben in den Social-Media-Kanälen, da müssen wir für unser traditionsreiches Handwerk werben“, ist er überzeugt. Und die Aktion der HWK des Saarlandes findet er daher auch „richtig gut“. Für das gerade begonnene neue Ausbildungsjahr hat er keinen Auszubildenden gefunden: „Ich würde sofort einen einstellen.“ In der Regel hat Mayer stets zwei Auszubildende im Betrieb. In den kommenden Jahren scheiden Zug um Zug ältere Mitarbeiter aus und „wir brauchen ganz dringend guten und engagierten Nachwuchs.“ Er baut ein bis zwei neue Orgeln im Jahr: Kein Konzertsaal werde heute mehr ohne Orgel gebaut, Neubauten für Kirchen seien rückläufig. Daher freut er sich, derzeit die Orgel für die Abteikirche in Tholey komplett neu aufzubauen – die alte Orgel wurde ausgebaut und in der großen Werkstatt zum technischen Neubau wiederaufgebaut. Das Hauptgeschäft macht der Betrieb mit achtzehn Mitarbeitern mit Wartung, Reparaturen und Restaurierungen: „Wir sind weltweit unterwegs“, so Mayer. Natürlich auch in der südwestdeutschen Region, aber auch in Luxemburg und im Elsass. Mayer- Orgeln ertönen in der Philharmonie im russischen Penza, in der kasachischen Hauptstadt Astana und in Süd-Korea!

"Mach Dein Ding!" bei Hugo Mayer Orgelbau