DFKI-Geschäftsführerin Prof. Köhler: "Neuartige Maschinen werden helfen, ungünstige körperliche Belastungen zu reduzieren"


Jana Koehler steht an einer Säule in einem Gang

Prof. Dr. Jana Koehler | Foto: © DFKI / Pech & Sapel

Professor Dr. Jana Koehler zum Thema Künstliche Intelligenz (KI) und über die Bedeutung des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz. 
Die Vorsitzende der Geschäftsführung des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz (DFKI), Prof. Dr. Jana Koehler, betrachtet Zuverlässigkeit auch in Zeiten der Digitalisierung als wesentliche Grundlage für den beruflichen Erfolg eines Handwerkers.
 
DHB: Sehr geehrte Frau Prof. Dr. Jana Koehler, seit rund 150 Tagen haben Sie als Vorsitzende der Geschäftsführung des DFKI in Saarbrücken eine der wichtigsten Positionen im Saarland inne. Das DFKI erfährt immer wieder nationale und internationale Beachtung. Was genau macht das DFKI?
Koehler: Das DFKI erforscht und entwickelt Technologien der Künstlichen Intelligenz, mit denen Computer zum Beispiel Sprache verstehen, Bilder analysieren oder auch optimale Entscheidungen beim autonomen Fahren oder in der Produktion treffen können. Das DFKI übt eine Brückenfunktion aus, indem es die Grundlagenforschung an den Universitäten mit den Problemen aus der Praxis verbindet und so den Innovationstransfer vereinfacht und beschleunigt.
 
DHB: Welche Rolle hat das DFKI fürs Saarland als Wirtschaftsstandort?
Koehler: Das DFKI hat in den 30 Jahren seines Bestehens viel dazu beigetragen, den Strukturwandel im Saarland von Kohle und Stahl hin zu einer modernen, digitalen Wirtschaft zu bewältigen. So konnte nicht nur die Informatik an der Universität gestärkt werden, so dass sich zwei Max-Planck Institute und ein Helmholtz- Zentrum angesiedelt haben, sondern es gingen auch zahlreiche Informatik- und Technologie-Unternehmen aus dem DFKI hervor, die wiederum dazu beigetragen haben, dass sich weitere Unternehmen der IT Branche im Saarland angesiedelt haben. Ein Beispiel ist das Unternehmen SemVox, das 2008 von vier DFKI-Mitarbeitern ausgegründet und bereits 2010 als Ausgewählter Ort von Deutschland – Land der Ideen geehrt wurde. SemVox entwickelt Lösungen für die effiziente Sprachsteuerung in Autos, ermöglicht intelligente Dialoge zwischen Mensch und Maschine und ermöglicht es auch, dass Maschinen dem Menschen proaktive Assistenzleistungen anbieten können, die einfach und komfortabel zu nutzen sind. Eine robuste und intelligente Sprachsteuerung wird zukünftig die Kommunikation zwischen Mensch und Maschine stark prägen. Im letzten Jahr wurde Semvox vom Automobilzulieferer paragon übernommen. Als paragon semvox ist die Firma weiter im Saarland ansässig und die mehr als 60 Hightech-Arbeitsplätze bleiben erhalten und werden weiter ausgebaut.
 
DHB: Welche Stärken, welche Schwächen bietet der Forschungsstandort Saarland?
Koehler: Die Informatik an der Universität des Saarlandes gehört zu den Top drei in Europa neben der TU München und der ETH Zürich. Die Vielfalt der Forschungsthemen der exzellenten Kollegen macht es einfach, schnell neue Themen aufzugreifen und mit den sehr gut ausgebildeten Studierenden zu bearbeiten. Es muss uns aber unbedingt gelingen, noch mehr junge Menschen für ein Studium der Informatik und Technik zu begeistern.
 
DHB: Die Künstliche Intelligenz (KI) verändert Gesellschaft, Wirtschaft und unser Arbeitsleben – wie verändert KI das Handwerk, das Kundenwünsche vielfach durch individuelle Produkte erfüllt?
Koehler: Dank guter Suchmaschinen, die ja KI-Techniken verwenden, kann man heute schnell einen Anbieter via Internet finden. Digitale Lösungen werden es auch noch einfacher machen, individuelle Produkte zu entwerfen, zu planen und zu produzieren. In Zukunft werden neuartige Maschinen helfen, ungünstige körperliche Belastungen weiter zu reduzieren. Trotz aller Digitalisierung bleiben aber qualitativ hochstehende und handwerkliche Arbeit und Zuverlässigkeit auch weiterhin die Grundlage für den beruflichen Erfolg eines Handwerkers.
 
DHB: Wie ist der Stand der Dinge beim autonomen Fahren und wie geht es damit weiter?
Koehler: Intelligente Assistenzsysteme sind auf dem Vormarsch und werden helfen, Unfälle noch weiter zu reduzieren. Vollständig autonome Fahrzeuge werden auf jeden Fall in bestimmten Einsatzszenarien in nächster Zukunft kommen, wobei ich davon ausgehe, dass hierfür die Verkehrsleitsysteme auch entsprechend ausgebaut werden, um diese Fahrzeuge mit Information zu unterstützen. Wann wir selbst ein autonomes Fahrzeug flexibel nutzen werden, ist für mich im Moment schwer vorhersagbar. Als Voraussetzung dafür wurde bisher davon ausgegangen, dass auf der Stufe 3 der Skala für autonomes Fahren der Fahrer das Fahrzeug zu jedem Zeitpunkt überwacht und jederzeit die Kontrolle übernehmen kann. Diese Annahme ist aber nicht realistisch, da wir als passive, aber jederzeit bereite Mitfahrer eher ungeeignet sind und uns zu leicht ablenken lassen. Am DFKI erforschen wir, unter welchen Bedingungen eine nahtlose Übergabe der Kontrolle von Mensch zu Maschine und umgekehrt problemlos funktionieren kann.