Die Ausgaben für Bildung müssen insgesamt wachsen


Uni-Präsident Professor Manfred Schmitt über den Bildungsstandort Saarland
Universitäts-Präsident Professor Manfred Schmitt sieht großen Finanzierungsbedarf zur Sicherung des Bildungsstandorts Saarland
 
DHB: Wo steht Ihrer Meinung nach die Universität des Saarlandes, wo soll sie hin und wie kommt sie dorthin?
Schmitt: Die Universität des Saarlandes zählt unter den mittelgroßen Hochschulen in Deutschland zu den forschungsstärksten Einrichtungen. Als einzige Landesuniversität deckt sie ein breites Angebot an attraktiven Studienprogrammen ab und ist in wissenschaftlicher, wirtschaftlicher und kultureller Hinsicht der wesentliche Innovationsmotor für das Saarland und die Region. Unser kurz- und mittelfristiges Ziel ist, die bestehenden Lehrangebote zu erhalten und auch konsequent entlang der universitären Schwerpunkte weiter auszubauen und zu profilieren. Unter den aktuellen Rahmenbedingungen einer nach wie vor im Bundesvergleich zu geringen Grundfinanzierung wird das für die Universität jedoch immer schwieriger. Dass wir unsere Leistungsstärke in Forschung und Lehre bislang auf diesem hohen Niveau halten konnten, liegt zum Großteil an unseren bisherigen Erfolgen bei der Einwerbung sogenannter Drittmittel insbesondere vom Bund und von der Europäischen Union. Um auch künftig im harten nationalen und internationalen Wissenschaftswettbewerb bestehen zu können und gleichermaßen kluge Köpfe an die Universität und junge Menschen in das Saarland zu ziehen, bräuchten wir jedoch eine dem Leistungsangebot der Universität entsprechende und im Bundesvergleich angemessene Grundfinanzierung durch das Land.
 
 
DHB: Was kann die Landespolitik machen, um die Universität dabei zu unterstützen?
Schmitt: Die Landesregierung hat der Universität in den letzten Jahren einen harten Sparkurs abverlangt, den wir unter schmerzhaften Anstrengungen umsetzen mussten und dessen negative Auswirkungen fast täglich zu spüren sind. Im Rahmen dieser Sparauflagen und Umstrukturierungen haben wir uns bemüht, die Forschungsschwerpunkte und Profilbereiche der Universität möglichst nicht zu gefährden und, wo immer möglich, Schließungen von Fächern und Studiengängen zu vermeiden. Erschwerend kommt hinzu, dass die jährlichen Tarifkostensteigerungen sowie die steigenden Energiekosten zum überwiegenden Anteil aus dem Globalhaushalt der Universität getragen werden müssen, was ein zusätzliches tiefes Loch in die Kassen reißt. Hier appellieren wir an die Landesregierung, nicht erst ab dem Jahr 2020 für einen vollständigen Ausgleich der Tarifkostensteigerungen zu sorgen, sondern möglichst schon ab 2018. Die niedersächsische Landesregierung hat unlängst vorgemacht, dass so etwas möglich ist, indem sie allen Hochschulen die volle Übernahme der Tarifsteigerungen zugesagt hat, was bei dem hohen Anteil an Personalkosten in den Hochschuletats eine signifikante Entlastung bringt.
 
 
DHB: Wie zufrieden sind Sie mit dem Koalitionsvertrag?
Schmitt: Die Unileitung hat es sehr begrüßt, dass im Koalitionsvertrag die Bedeutung der Hochschulen für die Zukunft des Saarlandes gewürdigt und Verbesserungen bei der Hochschulfinanzierung in Aussicht gestellt wurden. Letztere sind jedoch noch mit Blick auf die einzelnen Hochschulen im Land unscharf formuliert, weshalb wir uns möglichst zeitnah mit der neuen Regierung hierüber im Detail verständigen möchten. Mit Blick auf die ab 2020 für die Saar-Uni und die HTW Saar angekündigte Budgeterhöhung halte ich es für wichtig und angemessen, dass sich deren Verteilung am Umfang der Globalhaushalte beider Hochschulen orientiert. Auch in diesem Punkt wäre es für die Universität von großer Bedeutung, bereits für die Jahre 2018 und 2019 finanzielle Spielräume zu erhalten; für deren Realisierung hat die Universität bereits konstruktive Vorschläge eingebracht. Wir begrüßen zudem, dass im Koalitionsvertrag eine stärkere Investition in die Infrastruktur der Hochschulen vorgesehen ist. Angesichts des großen Sanierungsstaus an beiden Unistandorten, Saarbrücken und Homburg, ist das dringend notwendig.
 
 
DHB: Welche Bedeutung hat Ihrer Meinung nach die berufliche Bildung?
Schmitt: Deutschland zeichnet sich durch eine duale berufliche Ausbildung und ein exzellentes, mehrstufiges Bildungssystem aus, um das uns sehr viele Länder beneiden. Aus meiner Sicht ist es unbestritten, dass Industrie und Wirtschaft qualifizierte Absolventinnen und Absolventen auf allen Niveaus benötigen, denn insbesondere in einem Hightech-Land wie Deutschland wächst der Anspruch und Bedarf sowohl an hochqualifizierten Hochschulabsolventen als auch an gut ausgebildeten Fachkräften.
 
 
DHB: Wenn immer mehr Landesmittel in die Hochschulen fließen, fehlt das Geld anderswo, zum Beispiel bei Berufsschulen oder bei der Förderung von Berufsbildungsstätten. Wie beurteilen Sie das?
Schmitt: Das sehe ich etwas differenzierter, denn einer zukunftsweisenden Bildungspolitik sollte es nicht darum gehen, den einen Bereich gegen den anderen auszuspielen, sondern das Bildungssystem als Ganzes im Blick zu haben und zu fördern. Die Ausgaben für Bildung müssen daher insgesamt wachsen, um im Zeitalter von Digitalisierung und Industrie 4.0 auf allen Ebenen der Bildung für den internationalen Wettbewerb gewappnet zu sein.
 
 
DHB: Wie und wo können Ihrer Meinung nach die Universität und die Saarwirtschaft enger zusammenarbeiten?
Schmitt: Traditionell enge Kooperationen mit saarländischen Firmen unterhält die Saar-Uni insbesondere in den Bereichen ihrer technischen und ingenieurwissenschaftlichen Fächer wie Systems Engineering, Materialwissenschaft sowie Werkstoff- und Produktionstechnik. Hierbei wird gelegentlich übersehen, dass die Saarwirtschaft nicht nur auf unsere Ingenieure zurückgreift, sondern auch auf Absolventen der Betriebswirtschaft, Wirtschaftsinformatik sowie der Rechts-, Geistes-, Sprach- und Naturwissenschaften bis hin zur Medizin. An Absolventen unserer international renommierten und in der bundesweiten Exzellenzinitiative überaus erfolgreichen Informatik sind vor allem Global Player wie Google und Microsoft sowie die Automobilkonzerne interessiert. Letztere sind auch über ihre Zulieferer mit vielen Produktionsstätten im Saarland vertreten, aus Sicht der Universität jedoch noch zu wenig mit ihren Forschungs- und Entwicklungsabteilungen. Dennoch bin ich davon überzeugt, dass an der Saar-Uni sehr viele Innovationen entstehen, die auch und gerade für Mittelständler im Saarland interessant sind. Unsere Kontaktstelle für Wissens- und Technologietransfer (KWT) forciert an dieser Schnittstelle die Zusammenarbeit und fördert über den Gründercampus auch viele Ausgründungen aus der Universität.