Interview mit Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer


Die Zukunft des Saarlands gestalten
Die CDU/SPD-Koalition setzt ihre Arbeit fort: Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer im DHB-Interview

 Die neue saarländische Landesregierung  hat zum Haushaltsjahr 2018 den Einstieg in den Meisterbonus beschlossen. „Für mich sind akademische und Berufsausbildung gleichwertig. Deshalb werden wir mit dem Ausbau der bestehenden Stipendiensysteme und des Meister-BAföG und mit der Einführung eines speziellen Zuschusses unter dem Stichwort  ,Meisterbonus‘ die Attraktivität der dualen Berufsausbildung steigern“, sagt die saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) im DHB-Interview.
Auch die vom Saar-Handwerk  immer wieder angemahnte, ausreichende Versorgung mit „schnellem Internet“ in den unterversorgten Gebieten werde in der neuen Legislaturperiode vorangetrieben, so die Ministerpräsidentin. „Ein starkes ,Handwerk 4.0‘ kann es ohne den flächendeckenden Breitbandausbau im Saarland nicht geben“, so Kramp-Karrenbauer. Das Fehlen eines leistungsfähigen Internetanschlusses würde für viele Betriebe gerade im ländlichen Raum das ,Aus‘ bedeuten.
Zur Gründungsprämie für Handwerksmeister im Saarland verwies die Ministerpräsidentin auf die bestehenden Instrumente und hält eine höhere Unternehmensgründungsquote für „wünschenswert“. Mit Blick auf die neue französische Regierung hofft Kramp-Karrenbauer auf eine Erleichterung der grenzüberschreitenden Tätigkeit für Saar-Handwerker.

DHB: Sehr geehrte Frau Ministerpräsidentin, herzlichen Glückwunsch zur Wahl zur Ministerpräsidentin. Wie zufrieden sind Sie mit der Koalitionsvereinbarung?
Kramp-Karrenbauer: Der Koalitionsvertrag wurde von den Delegierten beider Parteien fast ohne Gegenstimmen angenommen. Das zeigt sicherlich, dass es eine gute und ausgewogene Vereinbarung geworden ist. Auch persönlich bin ich damit zufrieden, denn wir haben sowohl den weiterhin notwendigen Konsolidierungspfad festgeschrieben als auch die Investitionsstrategie ab 2020 auf den Weg gebracht. Das sind wichtige Eckpunkte für die Zukunft des Saarlandes.

DHB: Manch einer meint, es lasse sich im Koalitionsvertrag die deutliche Handschrift der Gewerkschaften erkennen. So findet sich im Vertrag die Aussage wieder, die Einführung einer Ausbildungsumlage sei zu prüfen. Wie bewerten Sie diese Einschätzung?
Kramp-Karrenbauer: Der Koalitionsvertrag ist von vielen Seiten gelobt worden, auch von den Wirtschaftskammern und Gewerkschaften, was mich freut. Die breite Zustimmung ist sicherlich auch Ausdruck davon, dass wir bei wichtigen Entscheidungen schon in der letzten Legislaturperiode den Konsens mit den Betroffenen gesucht haben.
 
DHB: Haben sich die Hochschulen schon bei Ihnen gemeldet, um Ihnen zu danken? In der Presse war kaum davon zu lesen, dass sich die Hochschulen sehr über 15 Millionen Euro mehr freuen. Wie intensiv wurde über diesen Millionenbetrag in den Koalitionsverhandlungen diskutiert?
Kramp-Karrenbauer: Wir wissen um die Bedeutung der Hochschulen für das Saarland und deshalb war es auch ein Herzensanliegen für mich, nach harten Sparanstrengungen an der Uni jetzt wieder mehr Spielräume zu ermöglichen. Außerdem profitiert von einem starken saarländischen Wissenschafts- und Forschungsstandort auch das Handwerk. So haben wir im Januar ein neues Mittelstandszentrum an der htw saar (Hochschule für Technik und Wirtschaft) eingerichtet.

DHB: Stichwort: Meisterbonus. Er findet sich im Koalitionsvertrag wieder. Er soll ein Schritt in Richtung Gleichstellung beruflicher und akademischer Bildung sein und eine weitgehend kostenfreie Ausbildung zum Handwerksmeister ermöglichen. Ab wann können unsere Meister von morgen mit einer kostenfreien Meisterausbildung im Saarland rechnen?
Kramp-Karrenbauer: Für mich sind akademische und Berufsausbildung gleichwertig. Deshalb werden wir mit dem Ausbau der bestehenden Stipendiensysteme und des Meister-BAföG und mit der Einführung einer speziellen Zuschussregelung unter dem Stichwort „Meisterbonus“ die Attraktivität der dualen Berufsausbildung steigern. Wir planen den Einstieg schon zum Haushaltsjahr 2018.

DHB: Im Saarland ist die Unternehmensgründungsquote relativ gering. Aktuell rangiert unser Bundesland laut KfW-Gründungsmonitor 2016 bundesweit auf dem vorletzten Platz. Andere Bundesländer wie Sachsen-Anhalt setzen Mittel wie eine Gründungsprämie für Handwerksmeister ein, um die Gründungsquote zu erhöhen. Unsere Handwerkskammer fordert auch bei uns eine solche Prämie als Teil des Meisterbonus einzuführen. Ab wann und in welcher Höhe kommt die Gründungsprämie für Handwerksmeister im Saarland?
Kramp-Karrenbauer: Es gibt im Saarland bereits die Offensive für Gründerinnen und Gründer, die auch ein Startkapitalprogramm für Firmengründer anbietet. Sicherlich wäre eine höhere Unternehmensgründungsquote wünschenswert. Darüber hinaus sollten wir alles vorbehaltlos prüfen, was helfen kann.

DHB: Das Ziel, zusätzlich Mittel aus dem Länderfinanzausgleich ab 2020 überwiegend für Investitionen auszugeben, findet größtenteils positive Resonanz. Wichtig ist dabei, eine konkrete Bestandsaufnahme und einen mittelfristigen Investitionsplan zu erstellen. Wie will die neue Landesregierung sicherstellen, dass hierbei transparent vorgegangen und die Wirtschaft aktiv beteiligt wird?
Kramp-Karrenbauer: Wir haben schon in den letzten fünf Jahren immer wieder den engen Austausch mit den Interessenvertretern von Wirtschaft und Gesellschaft, etwa mit den Kammern, Verbänden und Gewerkschaften in der Saar-Gemeinschafts-initiative gesucht. Das werden wir auch tun, wenn es um Investitionen in die Zukunft des Landes geht. Letzten Endes obliegt es aber der Landesregierung, die Schwerpunkte für die Investitionen verantwortlich zu setzen.

DHB: Investitionen in die Infrastruktur sind gut. Straßen und Brücken müssen in Schuss sein. Mindestens genauso wichtig ist die digitale Infrastruktur. Wie sieht der Fahrplan der Landesregierung aus, um die ländlichen Regionen mit schnellem Internet zu versorgen?
Kramp-Karrenbauer: Aus meinen regelmäßigen Kontakten mit den saarländischen Handwerksbetrieben weiß ich um die Bedeutung von schnellem Internet für eine erfolgreiche „Digitalisierung im Handwerk“. Ein starkes „Handwerk 4.0“ kann es ohne den flächendeckenden Breitbandausbau im Saarland nicht geben. Vom Internet der Dinge abgehängt zu sein, würde für viele Betriebe gerade auch im ländlichen Raum mittelfristig das Aus bedeuten. Auch deshalb treibt unsere Landesregierung das Thema mit Energie voran. Wir befinden uns auf einem sehr guten Weg. Unter den Flächenländern im Bund liegen wir derzeit auf einem der Spitzenplätze und wollen die Ersten sein, die Vollzug melden. Ende 2018 soll es soweit sein. Wir haben gerade eine Vereinbarung mit den Unternehmen Deutsche Telekom, VSE-Net und Inexio getroffen, die rund 50 Mio. € investieren werden, um die verbliebenen unterversorgten Gebiete mit schnellem Internet auszustatten. Die konkrete Umsetzung läuft also. Das verschafft unseren Handwerksbetrieben einen Vorsprung, damit die „Digitalisierung der realen Wertschöpfung“ ein Erfolg wird. Unser mittelfristiges Ziel ist dann sogar der möglichst flächendeckende Zugang zu Gigabit-Netzen, die Download- und Upload-Geschwindigkeiten von 1.000 Megabits pro Sekunde bereitstellen.

DHB: Mit Blick auf unsere Nachbarn: Welche Wirtschaftspolitik erwarten Sie von der neuen französischen Regierung? Kennen Sie Herrn Macron persönlich?
Kramp-Karrenbauer: Ich habe Emmanuel Macron noch als französischer Wirtschaftsminister beim Deutsch-Französischen Ministerrat in Metz kennengelernt. Sein Bekenntnis zu einem starken und gelebten Europa begrüße ich. Damit verbunden ist die Hoffnung, dass die deutsch-französische Zusammenarbeit weiter gestärkt wird. Wenn Macron es ernst meint mit mehr Europa, dann bieten sich gerade die Grenzregionen für erfolgversprechende Projekte an. Das Saarland möchte besonders die grenzüberschreitenden Kooperationen intensivieren und hofft hier auf Unterstützung vom neuen französischen Präsidenten. Wir wünschen uns mehr Möglichkeiten, weitergehende Formen der Zusammenarbeit auf beiden Seiten der Grenze unbürokratisch zu testen oder auch Grenzgeschäfte für Händler und Handwerker zu erleichtern.  Ein Thema könnten Ausnahmen und Vereinfachungen im Rahmen der Entsende-Richtlinie in der Grenzregion sein. Das würde auch vielen saarländischen Handwerkern das Leben erleichtern.