Interview zu Länder-Finanzausgleich


Finanz- und Europaminister Stephan Toscani über die Chancen des Kompromisses für das Saarland
Stephan Toscani, Minister für Finanzenund Europa, über die Chancen des neuen Finanzausgleichs für die Zukunft des Saarlandes.

HWK: Wie sieht der neue Finanzpakt für das Saarland aus?

Toscani: Ab 2020 erhält das Saarland jährlich rund 500 Mio. € zusätzlich. Davon entfallen 400 Mio. € auf sogenannte Sanierungshilfen für den Belastungsausgleich sowie rund 100 Mio. € auf strukturelle Gewinne im Finanzausgleichssystem im engeren Sinne, die in der Zukunft weiter wachsen werden.

HWK: Gibt es bereits konkrete Pläne, wie der neu gewonnene finanzpolitische Spielraum genutzt werden soll? Oft hört man, dass in die Zukunft des Saarlandes investiert werden muss. Was heißt das konkret?

Toscani: Das Ergebnis sichert die Eigenständigkeit des Saarlandes. Nun haben wir es im Saarland in der Hand, mit einer klugen und sparsamen Haushaltspolitik unsere Zukunft selbst zu gestalten. Das heißt: Neuverschuldung vermeiden, Schulden zurückführen, Infrastruktur erhalten und zukunftsgerichtet investieren. Die konkrete Ausgestaltung des zukünftigen Finanzausgleichs dient vor allem dem Ziel, dass alle Länder die Chance haben, ab 2020 die Schuldenbremse einzuhalten und dabei die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse zu wahren. Es ist ein Riesenerfolg, dass dies nun gelungen ist. Wir haben endlich die Chance, die seit Jahrzehnten andauernde unverschuldete Haushaltsnotlage zu überwinden. Das Verhandlungsergebnis trägt unserem Anspruch auf Hilfe für die bestehenden Altlasten Rechnung. Das Ergebnis macht es uns möglich, ab 2020 nicht nur keine neuen Schulden mehr aufnehmen zu müssen, sondern sogar mit der Schuldentilgung zu beginnen. Außerdem bekommen wir Spielräume für mehr zukunftsgerichtete Investitionen. Durch unsere verlässliche Konsolidierungspolitik im Land haben wir uns als Saarland beim Bund und bei den anderen Ländern Vertrauen erarbeitet. Dadurch ist es uns gelungen, dass der Bund und alle anderen Länder mittlerweile den Anspruch des Saarlandes auf eine besondere Hilfe anerkennen. 
Konkrete Entscheidungen müssen vor dem Hintergrund der dann gegebenen Rahmenbedingungen zukünftige Landesregierungen treffen, wenn es um die Aufstellung der Haushaltspläne ab dem Jahr 2020 geht.

HWK: Welche Auswirkungen hat die beabsichtigte Einrichtung einer Infrastrukturgesellschaft für unser Land? Inwieweit wird das auch Auswirkungen auf die mittelständischen Unternehmen des Handwerks haben?

Toscani: Die Vereinbarung zur Einrichtung einer Infrastrukturgesellschaft war ein notwendiges Zugeständnis der Länder an den Bund, um eine Gesamteinigung zu erreichen. Sie bietet aber nicht nur Risiken, sondern auch Chancen. Von einem reibungslosen Abfluss der Bundesmittel würde nicht nur die Infrastruktur als Ganzes profitieren, sondern gerade auch die mittelständische Wirtschaft, entweder als Nutzer der Straßen oder als Auftragnehmer bei der Realisierung von Projekten. Viel wird aber von der näheren Ausgestaltung abhängen, die in den nächsten Monaten noch zu klären sein wird. 

HWK: Welchen Anteil hat das Saarland am Zustandekommen dieses Kompromisses?

Toscani: Wir können stolz darauf sein, dass das Saarland in den mehrjährigen Verhandlungen eine bedeutende und konstruktive Rolle gespielt hat. Mit unserem Vorschlag, den horizontalen Finanzausgleich zwischen den Ländern auf einer Stufe zusammenzufassen, haben wir den Schlüssel geliefert, der im Dezember 2015 zu einer Einigung zwischen den Ländern geführt hat. Dies war ein entscheidender Durchbruch, der nunmehr auch eine Einigung zwischen Bund und Ländern möglich gemacht hat. Als Finanzminister konnte ich gemeinsam mit der gesamten Landesregierung eine verantwortliche Haushalts- und Finanzpolitik gegenüber dem Stabilitätsrat vertreten und dabei unsere Sonderlasten so verdeutlichen, dass letztlich ein angemessener Belastungsausgleich durchgesetzt werden konnte. Ministerpräsidentin Kramp-Karrenbauer hat sich als Mitglied der Verhandlungskommission zwischen Bund und Ländern am vergangenen Donnerstag erfolgreich für eine Überwindung der bis dahin noch bestehenden Meinungsunterschiede eingesetzt und dabei auch ihre guten Kontakte zur Bundesregierung genutzt.

HWK: Hat es geholfen, dass der Chef des Bundeskanzleramtes, Peter Altmaier, ein Saarländer ist?

Toscani: Peter Altmaier und auch der Saarländer Justizminister Heiko Maas haben im Interesse einer befriedigenden föderalen Lösung einen sehr wichtigen Beitrag dafür geleistet, dass die Gespräche am Ende der Verhandlungen nicht gescheitert sind, sondern mit einem auch aus saarländischer Sicht sehr erfreulichen Ergebnis abgeschlossen werden konnten.