IRH-Präsident Müller: „Mobilität junger Menschen in der Großregion verbessern“


Ein Mann mit verschränkten Armen steht an einem Fenster

IRH-Präsident RUdi Müller | © Yousef Hakimi – Fotostudio Yaph

Interview mit Rudi Müller, Präsident des Interregionalen Rats der Handwerkskammern der Großregion (IRH) und Präsident der Handwerkskammer Trier. 
IRH-Präsident Rudi Müller über Erleichterungen bei der Entsendung von Mitarbeitern und Herausforderungen für das Handwerk der Großregion.
 
DHB: Sehr geehrter Herr Präsident Müller, Sie sind amtierender Präsident des Interregionalen Rates der Handwerkskammern der Großregion, kurz IRH. Was sind die Aufgaben des IRH?
Müller: Der IRH ist eine gemeinsame Interessenvertretung des Handwerks der Großregion gegenüber den regionalen, nationalen und europäischen Entscheidungsträgern. Gemeinsam erarbeiten wir Problemlösungen und Vorschläge zur Verbesserung der wirtschaftlichen Situation des Handwerks. Dabei vernetzen die Kammern ihre Dienstleistungen, um gerade den grenzüberschreitend tätigen den Handwerkern einen umfassenden Service anbieten zu können.
 
DHB: Was sind derzeit die größten Hürden für Handwerksbetriebe, die in den Nachbarländern tätig sind?
Müller: Wenn ein Handwerker im Nachbarland tätig wird, steigen die bürokratischen Anforderungen deutlich an. Im EU-Binnenmarkt sollte das eigentlich nicht sein. Aktuelles Thema ist die Entsendung von Mitarbeitern ins Nachbarland. Hier greift die EU-Entsenderichtlinie, deren Ziel es ist, die Mitarbeiter vor Lohn- und Sozialdumping zu schützen. Leider hat dies in der Praxis dazu geführt, dass sich die Unternehmer durch einen Bürokratiedschungel kämpfen und zahlreiche Formulare ausfüllen müssen. Das verursacht hohen Aufwand, und bei Fehlern drohen empfindliche Strafen. Hier hat sich der IRH für praktikable Regelungen eingesetzt. Mit Erfolg: Für die Betriebe gibt es inzwischen erhebliche Erleichterungen, etwa durch ein relativ einfaches und gut funktionierendes Online-Verfahren.
 
DHB: Inwieweit kann der IRH dazu beitragen, dass sich für Handwerksbetriebe bei deren Tätigkeiten im benachbarten Ausland Erleichterungen ergeben?
Müller: Der IRH nutzt sein gut funktionierendes Netzwerk in der Großregion, um im Kontakt mit den zuständigen Ministerien und Behörden Probleme direkt zu lösen. Oft ist das eine Politik der kleinen Schritte – wenig spektakulär, aber effektiv. Hinzu kommen Informationsveranstaltungen und Beratungen, mit denen der IRH und die angeschlossenen Handwerkskammern ihre Mitgliedsbetriebe auf den neuesten Stand bringen.
 
DHB: Was ist das wichtigste Ziel Ihrer IRH-Präsidentschaft?
Müller: Mein wichtigstes Ziel mit unserem Netzwerk ist es, das Handwerk der Großregion für die Herausforderungen der Zukunft fit zu machen. Unsere Betriebe müssen den digitalen Wandel vollziehen, neue Märkte und Technologien erschließen, vor allem aber den Nachwuchs- und Fachkräftemangel bewältigen. Das geht grenzüberschneidend viel besser, als wenn jeder für sich allein um Lösungen kämpft. Ein Beispiel: Wir suchen im Saarland und in der Region Trier händeringend Nachwuchs im Handwerk. Gleichzeitig haben wir in Lothringen und der Wallonie eine hohe Jugendarbeitslosigkeit. Hier muss es uns noch viel stärker gelingen, die Mobilität der jungen Menschen in der Großregion zu verbessern. Das geht zwar nicht von heute auf morgen, weil Sprachbarrieren bestehen und die Bildungssysteme nicht vollständig aufeinander passen. Aber daran arbeiten wir, indem wir etwa verstärkt eine grenzüberschreitende Ausbildung auf den Weg bringen.
 
DHB: Am 26. Mai ist Europawahl. Warum ist es wichtig, wählen zu gehen?
Müller: Die offenen Grenzen für Arbeitnehmer, Waren und Dienstleistungen sind der entscheidende Faktor für den Wohlstand in der Großregion. Ohne die europäischen Freiheiten sinken die Einkommen und die Arbeitslosigkeit steigt. Heute nehmen wir die Grenzen gar nicht mehr wahr. Das hat dazu geführt, dass viele intensive Beziehungen zum Nachbarn entstanden sind – nicht nur wirtschaftlich, sondern auch persönlich und kulturell. Wenn bei der Wahl europafeindliche Kräfte gestärkt werden und in Zukunft vielleicht wieder Schlagbäume die Nachbarn voneinander trennen würden, dann wäre das Erfolgsmodell Großregion am Ende. Das wäre für uns Handwerker eine Katastrophe – nicht nur wirtschaftlich, sondern auch zwischenmenschlich! Früher gab es Feindschaft und sogar Krieg in der Großregion. Heute leben wir hier friedlich und freundschaftlich miteinander. Dafür lohnt es sich, zur Wahl zu gehen!

Website der Interregionaler Rat der Handwerkskammern der Großregion