"Offen bleiben, neugierig sein, Neues denken."


Ehrenpräsident Winfried E. Frank über sein langjähriges Engagement in Handwerk und Politik, seine größten Erfolge und seine Empfehlung an das aktuelle Handwerk
Winfried E. Frank (85), Ehrenpräsident der Handwerkskammer des Saarlandes (HWK) und von 1974 bis 2004 HWK-Präsident hat in den 30 Jahren seiner Amtszeit entscheidende Weichen gestellt. Das DHB sprach mit dem überzeugten Europäer, der in Perl an der Mosel direkt gegenüber dem luxemburgischen Weinort Schengen wohnt, der 1985 mit dem „Schengener Abkommen“ über die Beseitigung der stationären Grenzkontrollen in der EU europäische Geschichte geschrieben hat.
 
 DHB: Herr Ehrenpräsident Frank, Ihr Name ist mit der großen Strukturreform in der saarländischen Handwerksorganisation eng verknüpft. Was waren Anlass und Treiber für diese gleich nach Ihrem Amtsantritt als HWK-Präsident  gestartete große Reform?
Frank: Das Handwerk war damals mit seinen Kreishandwerkerschaften überorganisiert. Die HWK war eine Verwaltungsbehörde. Da konnten keine Zukunftsstrategien entstehen. Für mich war klar: Wir brauchen eine Organisationsreform, die Strukturen mussten verändert werden. Zudem war das Handwerk als Wirtschaftsfaktor im öffentlichen Bewusstsein kaum präsent, seine Wirtschaftskraft eher moderat. Wir mussten den Bürgern klar machen, dass Handwerk mehr war als der Bäcker an der Ecke. Es galt, viele Widerstände in den eigenen Reihen zu überwinden. Das hat mich viele Feierabendbiere gekostet. Das Saarland war übrigens neben Berlin der Vorreiter für die Organisationsreform. Übrigens hat die damalige Gebietsreform im Saarland uns bei der Umsetzung geholfen.
 
DHB: Sie waren auch Landes-, Mittelstands- und Strukturpolitiker, saßen für die CDU lange im Parlament. Hat es sich bewährt, das Ehrenamt des HWK-Präsidenten gleichzeitig mit einem politischen Amt inne zu haben?
Frank: Eindeutig ja. Vieles, was ich für das Handwerk angestoßen und umgesetzt habe, wäre ohne mein politisches Mandat nicht möglich gewesen. In unserem „Land der kurzen Wege“ hat sich das ganz klar ausgezahlt, auch über die eigenen Parteigrenzen hinweg. Ich sollte nach Bonn in den Bundestag oder nach Straßburg ins Europa-Parlament, der damalige Ministerpräsident Franz Josef-Röder wollte mich zum Minister machen. Ich wollte aber weder in den Bundestag noch nach Straßburg noch Minister werden, ich wollte ein einflussreicher HWK-Präsident sein. Förderlich für meine Arbeit als HWK-Präsident hat sich auch mein Ehrenamt als Präsident des Saarländischen Genossenschaftsverbandes erwiesen.
DHB: Warum gründeten Sie die „Stiftung Saarländisches Handwerk – Winfried E. Frank-Stiftung“?
Frank: Nach der Auflösung der Kreishandwerkerschaften hatten wir daraus ein Vermögen von rund 150.000 Euro übrig. Ich sah die sinnvollste Verwendung des Geldes in der Gründung der Stiftung, anstatt aufkommenden Begehrlichkeiten für das Geld nachzugeben. Die Stiftung hatte von Anfang klare Ziele: Beraten, Fördern und Weiterbilden. Das Geld sollte zur Förderung der beruflichen Bildung, zur Förderung des Führungsnachwuchses dienen. Mittlerweile hat sich daraus eine große Förderpalette entwickelt.
DHB:  Europa und das Handwerk, das ist ein großes Spannungsfeld. Welche Bedeutung hat europäische Politik für das Handwerk?
Frank: Hier fällt mir das Motto der saarländischen Imagekampagne ein: „Großes entsteht im Kleinen.“ Für mich als überzeugter Europäer und Bewohner der Grenzregion musste Europa heißen, wir arbeiten hier in der Saar-Lor-Lux-Region eng zusammen. Wir haben den Interregionalen Rat der Handwerkskammern gegründet, haben in der beruflichen Bildung viel bewegt. Ich wünsche mir, dass diese Organisation wieder mehr Leben bekommt. Mir schwebt in der Großregion die Gründung einer Europäischen Akademie des Handwerks vor. Wir definieren uns hier als Saar-Lor-Lux, das sind unsere Wurzeln. Dafür brauchen wir  keinen neuen Namen. Was Brüssel angeht, so müssen wir wachsam sein, unsere Interessen dort vertreten, was ja der ZDH auch sehr gut macht. Bewährte Strukturen dürfen nicht auf der Strecke bleiben
DHB: Was empfehlen Sie den aktuellen Akteuren im deutschen, im saarländischen Handwerk?
Frank: Offen bleiben, neugierig sein, lernen, Neues denken. Digitalisierung im Handwerk ist eine große Herausforderung. „Handwerk 4.0“ ist angelaufen. Diese Entwicklungen werden die einzelnen Gewerke in unterschiedlicher Form betreffen. Eines ist mir aber wichtig: Der Mensch, unsere Handwerker stehen im Mittelpunkt. Und auf ihre Kreativität, deren Umsetzung, ihre Fertigkeiten werden wir nie verzichten können.
DHB: Welche waren Ihre größten Erfolge in ihrer Zeit als HWK-Präsident?
Frank: Natürlich die große Strukturreform. Wir haben  mit dem Handwerk den zweitgrößten Wirtschaftszweig im Saarland auf die Beine gestellt. Das Handwerk ist ein stabiler Wirtschafts- und Ausbildungsfaktor. Ich habe den Blick über die Landesgrenzen hinweg für unserer Handwerker vorangetrieben – Stichwort unsere frühe Partnerschaft mit der Normandie. Zudem die Gründung des „Forum Junger Handwerker“ und von „Frau und Handwerk“.