Prof. Loth: "Betriebliches Gesundheitsmanagement ist Teil des Unternehmenserfolgs"


Mann mit Brille im Anzug mit Krawatte

Prof. Dr. Jörg Loth, Foto: © IKK

Professor Dr. Jörg Loth über die Bedeutung des Betrieblichen Gesundheitsmanagements (BGM) für Unternehmen
Für den Vorstandsvorsitzenden der IKK-Südwest, Professor Dr. Jörg Loth, kann das Betriebliche Gesundheitsmanagement wesentlich zum Unternehmenserfolg beitragen.

DHB: Herr Professor Dr. Loth, Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) wird derzeit viel diskutiert. Warum ist das Thema heute so wichtig? Wie hat sich die Akzeptanz des BGM in den vergangenen Jahren entwickelt?
Loth: Krankheitsbedingte Fehlzeiten und die Anzahl der Langzeiterkrankungen sind in Deutschland in den vergangenen Jahren angestiegen. Die Ursachen hierfür sind vielfältig. So wird beispielsweise die deutsche Bevölkerung immer älter, und das Angebot an jungen Arbeitskräften geht spürbar zurück. Gleichzeitig aber erleben wir eine Beschleunigung gesellschaftlicher und betrieblicher Prozesse, die die Mitarbeiter stark fordern. Vor diesem Hintergrund hat das Thema BGM in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen. Ein gut aufgestelltes BGM kann wesentlich zum wirtschaftlichen Erfolg und zur Zukunftssicherung eines Unternehmens beitragen, indem die wertvollste Ressource des Betriebes, die Mitarbeiter, nicht nur fachlich, sondern auch gesundheitlich gefördert wird. Der ökonomische Nutzen für das Unternehmen liegt auf der Hand: zum einen als mittelfristig gesteigerte Mitarbeiterproduktivität mit der signifikanten Reduzierung der Krankheitstage und zum anderen präsentieren sich Unternehmen zusätzlich als attraktiver Arbeitgeber. Seit vielen Jahren ist die IKK Südwest mit ihrem Programm „IKK Jobaktiv“ bei der Einrichtung eines BGM erfolgreich. Wir entwickeln für jeden Betrieb ein maßgeschneidertes Konzept. Die steigende Nachfrage zeigt uns, dass die Unternehmen den Bedarf erkannt haben.

DHB: Wie sehen Sie als oberster Repräsentant einer regionalen Krankenkasse das Thema in den handwerklichen Betrieben bereits präsent? Existieren Unterschiede in der Verbreitung von BGM zwischen großen und kleinen Betrieben?
Loth: In kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) fehlt oft noch das Bewusstsein, welchen Beitrag ein BGM leisten kann, um die individuelle Gesundheit und Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter zu erhalten. Strategien und Maßnahmen großer Unternehmen lassen sich nicht einfach übertragen. Wir stellen für uns völlig nachvollziehbar fest, dass mit sinkender Unternehmensgröße auch das Angebot gesundheitsförderlicher Maßnahmen abnimmt. Es werden eher Einzelmaßnahmen durchgeführt, oft Arbeitsschutz-Maßnahmen, zu denen die Betriebe gesetzlich verpflichtet sind. Im Vergleich zu den Großunternehmen kann es dabei auch an räumlichen und personellen Ressourcen fehlen. Allerdings kennt in kleinen Betrieben der Chef die Bedürfnisse und Sorgen seiner Mitarbeiter sehr gut. Hierin liegt eine große Chance, individuelle und wirksame Maßnahmen mit seiner Unterstützung zu etablieren.

DHB: Worin liegen die Vorteile, ein solches System in Unternehmen einzuführen?
Loth: Ein ganzheitliches BGM ist sinnvoll, weil es die bestehenden Pflichtsysteme zum Arbeits- und Gesundheitsschutz und zum betrieblichen Eingliederungsmanagement (BEM) mit Maßnahmen der freiwilligen betrieblichen Gesundheitsförderung verknüpft. Ziel sollte es auch im Handwerk sein, den bereits gut akzeptierten und organisierten Arbeitsschutz nicht als losgelöstes Konzept zu betrachten, sondern mit dem BEM und der Betrieblichen Gesundheitsförderung zusammenzuführen. Dies hat klare Vorteile: So können beispielsweise die gesammelten Erkenntnisse und Daten aus einer Gefährdungsanalyse genutzt werden, um gezielt Maßnahmen der Gesundheitsförderung einzusetzen.

DHB: Was können Handwerksunternehmer tun, um ein Gesundheitsmanagement in ihrem Betrieb zu installieren?
Loth: Insbesondere kleine Unternehmen wissen oft nicht so genau, wie sie das Thema einführen sollen. Krankenkassen können hier personell und finanziell unterstützen. Das Präventionsgesetz fordert, insbesondere KMU den Zugang zur Betrieblichen Gesundheitsförderung zu erleichtern, hierfür stehen auch entsprechende Mittel zur Verfügung. Wir als IKK Südwest haben ein Angebot zur betrieblichen Gesundheitsförderung entwickelt, welches optimal auf die Bedürfnisse kleiner und mittelständischer Handwerksbetriebe abgestimmt ist. Herzstück dieses Angebots ist unser Team aus qualifizierten und hochspezialisierten Gesundheitsberatern, die im ersten Schritt die Rolle des Gesundheitsmanagers im Betrieb einnehmen und für die Bedarfsermittlung und die konzeptionelle Begleitung unserer Programme verantwortlich sind. Sie helfen auch beim Aufbau und der Pflege überbetrieblicher Netzwerke; denn aufgrund der niedrigen Mitarbeiterzahl bietet es sich insbesondere für die KMU an, Maßnahmen der Gesundheitsförderung in einem regionalen Netzwerk in einem günstigen Kosten-Nutzen- Verhältnis zu bündeln.

DHB: In welchen Bereichen sehen Sie die Herausforderungen in der Zukunft, um flächendeckend BGM einzuführen?
Loth: Es muss gemeinsam gelingen, neben den genannten Vorteilen einer gesunden Mitarbeiterschaft auch die großen Chancen zu vermitteln, die sich als attraktiver Arbeitgeber bei der Bindung des vorhandenen Personals und der Gewinnung gut qualifizierter Fachkräfte ergeben. Und wir sehen es als unsere Aufgabe an, den Betrieben und dem uns besonders am Herzen liegenden Handwerk hierbei jegliche Unterstützung anzubieten. Bereits jetzt beschäftigen wir uns auch mit der Frage, wie ein nachhaltiges und effizientes BGM im nächsten Jahrzehnt aussehen kann.