Wirtschaftsministerin Rehlinger: "Mein Anspruch ist, die Verkehrswende zu gestalten"


Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger lächelt

Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger | © Peter Kerkrath

Interview mit der Ministerin für Wirtschaft, Arbeit, Energie und Verkehr, Anke Rehlinger. 
Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger sieht in einer neuen Verkehrspolitik die Chance, freie Fahrt für Lieferwagen des Handwerks zu schaffen. Dem Alltagsradverkehr und der Ausweitung des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) räumt sie in der Zukunft mehr Bedeutung ein.
 
DHB: Sehr geehrte Frau Ministerin, wie wird sich die Verkehrspolitik im Saarland in den nächsten Jahren verändern?
Rehlinger: Der ganze Verkehr ändert sich ja gerade gewaltig. Das Bedürfnis nach Mobilität steigt, die Notwendigkeit emissionsärmer unterwegs zu sein gleichzeitig auch. Neue Formen der Fortbewegung wie E-Tretroller erobern demnächst den Verkehrsraum, den sie sich teilen müssen zum Beispiel mit dem Radverkehr, der im gesellschaftlichen Bewusstsein deutlich stärker geworden ist, im Alltag aber noch nicht überall. Der kleinste Anspruch an Verkehrspolitik ist wohl, dem Fortschritt nicht im Weg zu stehen. Mein Anspruch hingegen ist, die Verkehrswende zu gestalten. Wir brauchen deutlich mehr Alltagsradverkehr, dazu muss man sich dabei sicher fühlen können und Radspuren dürfen auch nicht als erweiterte Park-Zone missbraucht werden. Ich setze mich für eine deutliche Aufwertung des ÖPNV ein, damit wir denen ein attraktives Angebot machen, die das Auto auch mal stehen lassen können. Und ich will auch nicht miesepetrig neue Formen der Mobilität blockieren, sondern dafür werben, dass die Mobilität der Zukunft – wie E-Scooter – auch Spaß machen kann und darf!
 
DHB: Welche Auswirkungen könnten eine Verkehrswende und mögliche Einschränkungen für den Individualverkehr für das saarländische Handwerk haben, das oft mit schwerem Material seine Kunden erreichen muss? Was bedeutet das für die Verkehrspolitik der Landesregierung?
Rehlinger: Klar, der Handwerker wird auch in zehn, zwanzig Jahren noch seine sieben Sachen zum Kunden bekommen müssen. Wenn wir es schaffen, die Straßen zu entlasten, weil zum Beispiel jemand, der drei Kilometer zur Arbeit muss, mit dem Rad fährt, dann hilft das auch dem Lieferwagen vom Malermeister. Vielleicht wird der Lieferwagen in Zukunft dann auch noch alternativ angetrieben. Zunächst mal bin ich aber fest davon überzeugt, dass wir Diesel und Benziner noch eine ganze Zeit brauchen werden. Solange das E-Auto mit Strom aus Braunkohle fährt, ist nämlich auch nichts gewonnen.
 
DHB: Welchen Beitrag kann die saarländische Verkehrspolitik zur Erreichung der nationalen Klimaziele beitragen?
Rehlinger: Wir haben uns auf nationaler, auf europäischer und internationaler Ebene seit vielen Jahren auf Klimaschutzziele verständigt. Geschehen ist meistens herzlich wenig. Jetzt müssen endlich die Ziele auch mit konkreten Maßnahmen unterlegt werden, das geschieht mit dem Klimaschutzgesetz auf Bundesebene. Am Ende zielt die Verkehrspolitik im Land natürlich darauf, Mobilität für jeden bestmöglich zu gewährleisten. Und ich bin auch dagegen, jetzt eine Politik gegen das Auto zu machen. Aber wir müssen neue Form mitdenken, wir brauchen mehr Raum für das Rad. Verkehrspolitik begleitet und bahnt den Weg in diese Zukunft.
 
DHB: Wie soll im Saarland die Ladeinfrastruktur für E-Autos vorangebracht werden?
Rehlinger: Zunächst mal braucht es klare Entscheidungen der Bundesebene, wie die Infrastruktur für die Elektromobilität ausgebaut werden soll – übrigens auch für Wasserstoff. Wir können aber im Land an einigen Stellen als Vorbild vorangehen, beispielsweise mit Ladesäulen an öffentlichen Einrichtungen.
 
DHB: Gefährdet die E-Mobilität aus Ihrer Sicht Arbeitsplätze im KFZ-Handwerk?
Rehlinger: Es ist schon so, dass die Elektromobilität eine andere Wertschöpfung hat als der Verbrenner. Das gilt aber vor allem für die industrielle Produktion. Aber auch im Handwerk werden sich Berufsfelder verändern. Ich glaube, man sollte davor keine Angst haben, denn wir sind zu Recht stolz auf die Leistungs- und Innovationsfähigkeit unserer Handwerksbetriebe. Die stellen sich auf Neues bestens ein. Und mit neuen Formen der Mobilität erschließen sich vermutlich auch neue Handlungsfelder. Die Arbeit wird nicht ausgehen.