„Zuhören, quer denken, Impulse geben“


Gespräch mit Dr. Richard Weber, Präsident der IHK Saarland
DHB: Herr Dr. Weber, Sie sind in der nächsten IHK-Vollversammlung nicht mehr vertreten. Damit endet auch Ihre Präsidentschaft. Sie haben die IHK Saarland viele Jahre geprägt. Wie hat sich die Kammerarbeit in dieser Zeit verändert? Wie haben Sie die Zusammenarbeit der beiden Landeskammern, der IHK und HWK im Saarland erlebt?
 Dr. Weber: Wir haben es geschafft, von einer eher bürokratischen „Kammer“ zu einem kommunikativen Dienstleistungszentrum zu werden. Damit meine ich zum einen die Strukturen, zum anderen aber auch die Menschen in der IHK. Wir sind heute sehr gut aufgestellt sowohl im Hinblick auf unser Angebot als auch auf die Kundenorientierung. Wir sind heute viel stärker in der Fläche präsent – sehr hilfreich war dabei unsere Initiative „IHK Regional“, mit der wir unseren Kunden im wahrsten Sinn des Wortes entgegen kommen. Nicht ganz ohne Stolz darf ich hinzufügen, dass dieses Konzept mittlerweile bundesweit von mehreren IHKs übernommen worden ist. Heute ist die IHK außerdem in vielen Bündnissen aktiv oder stößt Initiativen auf Landesebene an. So hat die IHK beispielsweise das neue Saarland-Marketing mit auf den Weg gebracht. Es wird von vielen Unternehmen aktiv mit getragen, das neue Saarlandmarketing zählt bereits mehr als 400 Kooperationspartner. IHK und Handwerkskammer des Saarlandes haben immer ein freundschaftliches Verhältnis gehabt. Ich habe das nie anders erlebt. Vieles konnten wir im Land auch nur erreichen, weil die Kammern ihr gemeinsames Gewicht in die Waagschale geworfen haben. Heute arbeiten wir zudem bei vielen Zukunftsthemen eng zusammen.
 
DHB: Welche Schnittmengen sehen Sie bei den Aufgaben von IHK und HWK? Welche Rolle spielt dabei die Politikberatung?
 Dr. Weber: Uns verbinden viele gemeinsame Initiativen, wie z.B. das Bündnis für Fachkräftesicherung. Das Werben für die duale Ausbildung, die Förderung von jungen Frauen in bisher typischen Männerberufen, die Flüchtlingsqualifizierung - das sind Themen, die IHK und HWK gemeinsam vorantreiben wollen. Auch die verbesserte Berufswahlberatung in allgemeinbildenden Schulen und die Gleichstellung von akademischer und beruflicher Bildung zählen hierzu. Die Politik zu beraten ist eine unserer Kernaufgaben. Ich sehe unsere Rolle dabei als Ideengeber und Mahner. Nicht laut, sondern in Hintergrundgesprächen. Ich nenne das „Sachte von hinten schieben“. Einen Sinneswandel in der Politik herbeizuführen oder allgemeinpolitische Ratschläge zu geben, gehört nicht zu unseren Aufgaben. Sehr wohl aber können wir immer wieder Betroffenheit in der Wirtschaft deutlich machen, unsere Fachkompetenz auf vielen standortpolitischen Themenfeldern einbringen und in Gesprächen überzeugen.
 
DHB: Die gesetzliche Mitgliedschaft ermöglicht die Gesamtinteressenvertretung. Warum ist es wichtig, das Gesamtinteresse der Unternehmen zu formulieren? Ist das noch zeitgemäß oder reicht heute die Interessenvertretung über Verbände aus?
 Dr. Weber: Ich halte die gesetzliche Mitgliedschaft für absolut zeitgemäß – denn nur so können die Interessen gerade kleinerer und mittlerer Unternehmen mit starker Stimme vertreten werden. Bei einer freiwilligen Mitgliedschaft wird die Ausrichtung einer Organisation naturgemäß von den großen Beitragszahlern bestimmt. Bei uns dagegen hat jedes Unternahmen bei der Wahl zur Vollversammlung eine Stimme – völlig unabhängig von Umsätzen oder Mitarbeiterzahlen. Der Gedanke der Wirtschaft als Solidargemeinschaft, die effiziente Organisation originär staatlicher Aufgaben durch die Unternehmen selbst, das ist ein Konzept, das sich in Deutschland bewährt hat. Die im europäischen Vergleich außergewöhnlich niedrige Jugendarbeitslosigkeit ist eng mit der von den Kammern organisierten dualen Ausbildung verbunden. Ohne gesetzliche Mitgliedschaft wäre dies so nicht möglich.
 
DHB: In Hamburg und anderswo stehen die Kammern in der Kritik. Wie sollte man ihr begegnen?
 Dr. Weber: Hier empfiehlt es sich zunächst einmal, genau auf unser Mandat zu sehen. Und daraus folgt, dass wir uns heraushalten sollten aus allem, was nicht die Wirtschaftspolitik betrifft. Allgemeinpolitische Fragen fallen ebenso wenig in unseren Aufgabenbereich wie die Wahrnehmung sozial- und tarifpolitischer Angelegenheiten. In erster Linie versteht sich die IHK als wirtschaftspolitische Interessenvertretung ihrer Mitgliedsunternehmen. In diesem Sinne setzen wir uns vor allem für die Verbesserung der standortpolitischen Bedingungen in unserem Land ein und agieren für unsere Mitglieder als effizienter und unternehmensnaher Dienstleister. So können wir den Mehrwert vermitteln, den die Mitgliedschaft für Unternehmen bedeutet.
 
DHB: Was geben Sie Ihrem Nachfolger mit auf den Weg?
 Dr. Weber: Zuhören, quer denken, Impulse geben. Gute Leute aber auch arbeiten lassen. Und: „Nase rein – Finger raus“. Mit diesem Motto bin ich persönlich immer hervorragend gefahren!