Saarbrücker Erklärung


Arbeitnehmer-Vizepräsidenten der Handwerkskammern von Rheinland-Pfalz und dem Saarland

Die Arbeitnehmer-Vizepräsidenten der saarländischen und rheinland-pfälzischen Handwerkskammern (v.l.): Peter Becker, Saarland, Michael Lehnert, Pfalz, Joachim Noll, Koblenz, Edgar Gröber, Trier, und Thorsten Schmidt, DGB (2.v.l.)

Arbeitnehmer-Vizepräsidenten der Handwerkskammern von Rheinland-Pfalz und dem Saarland geben eine Erklärung zur Lage des Handwerks ab
Die Arbeitnehmer-Vizepräsidenten der Handwerkskammern des Saarlandes, der Pfalz, Rheinhessen, Koblenz und Trier haben sich in ihrer Tagung vom 23. bis 24. August 2019 in Saarbrücken auf eine Erklärung zur aktuellen Lage des Handwerks in den Bundesländern Rheinland-Pfalz und Saarland verständigt.

Auf der Tagesordnung standen die Digitalisierung im Handwerk und die angespannte Situation auf dem Ausbildungsmarkt. Weitere Themen waren die Handwerkskammerwahlen, die Wahlen beim Deutschen Handwerkskammertag (DHKT) und die Diskussionen um die Landeshandwerkskonferenz in Rheinland-Pfalz.

Das Handwerk steht vor großen Herausforderungen, die wir nur gemeinsam meistern können.

In vielen Bereichen des Handwerks ist die Digitalisierung bereits eingezogen und ist ein Teil der tagtäglichen Arbeit geworden. Der Prozess der Digitalisierung allerdings wird weiter voranschreiten. Intelligente Assistenzsysteme werden in Zukunft eine wichtige Unterstützung für die Handwerker sein. Es ist unsere Aufgabe allen den Weg dahin zu ebnen, um an den Möglichkeiten der voranschreitenden Entwicklung zu partizipieren. Selbstverständlich wird es gerade im Handwerk auch weiterhin Betriebe geben, die ohne eine den Betrieb durchdringende Digitalisierung am Markt bestehen können. Diese werden allerdings eher ein sehr spezielles Nischenangebot darstellen. Lediglich durch hohe Qualität, Regionalität und hoher Identitätsbindung mit dem Kunden können diese Betriebe ihr Überleben sichern. Für alle anderen gilt die Devise, die Möglichkeiten der Digitalisierung nutzen oder ggf. vom Markt zu verschwinden.

Die Vizepräsidenten sind sich einig, dass es auch Aufgabe der Handwerkskammern sein wird, den Transformationsprozess zu begleiten und die Betriebe dabei intensiv zu unterstützen. Das bedeutet auch und gerade, die Menschen die im Handwerk beschäftigt sind auf diesem Weg zu begleiten. Wir fordern entsprechende Weiterbildungsmaßnahmen und Informationen für die Beschäftigten.

Den Menschen muss ein neues Bild des Handwerks vermittelt werden. Modern, Zukunftsfähig und Kreativ. Allerdings müssen wir heute auch die veränderten gesellschaftlichen Anforderungen an Arbeit berücksichtigen. Wir brauchen ein Einkommen zum Auskommen und flexiblere Arbeitszeitmodelle, mit denen eine bessere Work-Life-Balance möglich ist. Das Handwerk muss sich als verlässlicher Arbeitgeber präsentieren. Dazu benötigen wir verbindliche Tarifverträge in den einzelnen Gewerken

All diese Forderungen spielen auch in die aktuelle schwierige Ausbildungsplatzsituation hinein. Die jungen Menschen wollen kreativ arbeiten, sie wollen flexibel arbeiten und sie wollen einen Job der gesellschaftlich anerkannt ist. Über die Imagekampagne arbeitet das Handwerk daran das Gesamtbild des Handwerks positiver in Erscheinung treten zu lassen. Das ist gut und wichtig. Doch auch die Rahmenbedingungen müssen stimmen und dazu brauchen wir mehr Tarifverträge mit den Innungen.

Ein weiterer wichtiger Baustein ist die gut gelebte Mitbestimmung im Handwerk und in den Handwerkskammern. Die Mitbestimmung muss eine Renaissance in den Betrieben erfahren. Nur durch eine mitbestimmte Betriebspolitik sind die anstehenden Veränderungen im Handwerk zu Händeln. Das gemeinschaftliche Interesse des Betriebs-erfolges verbindet Meister und Gesellen. Doch in der digitalen Welt ist kaum mehr Platz für ein strenges Patriarchat im Betrieb. Wir brauchen ein digitales miteinander und dies muss durch die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mitbestimmt sein.

Die Arbeitnehmer-Vizepräsidenten sprechen sich für eine weiterhin konstruktive Zusammenarbeit der fünf Handwerkskammern in Rheinland-Pfalz und dem Saarland aus. Die Arbeitsgemeinschaft der Handwerkskammern in Rheinland-Pfalz hat sich als gemeinsame politische Vertretung gegenüber der Landespolitik bewährt und muss derart weitergeführt werden um die Interessen des Handwerks zu vertreten. Die Vizepräsidenten sprechen sich energisch dagegen aus, einen Rheinland-Pfälzischen Handwerkstag ohne Beteiligung der Arbeitnehmer einzuführen. Ein Handwerkstag ohne Beteiligung der Gesellen des Handwerks widerspricht den mitbestimmten Grundzügen des Handwerks und entzieht der erfolgreichen Zusammenarbeit jeglichen Boden. Die vorgenannten Zukunftshemen im Handwerk können nur gemeinsam bewältigt werden. Eine Arbeitgeber-Lobby Organisation für einen Elitären Kreis aus dem Boden zu stampfen widerspricht dem modernen Charakter der heutigen Arbeitswelt und trägt lediglich zu einer weiteren Verschlechterung des Images bei. Die bereits existierende Landeshandwerkskonferenz kann wenn gewünscht umstrukturiert und neu aufgestellt werden. Aber auch dazu braucht es einen offenen Dialog aller im Handwerk beteiligten lnteressensgruppen.  

Die Arbeitnehmer-Vizepräsidenten sprechen sich in dieser Erklärung klar aus für:
  • die Imagekampagne des Handwerks
  • die gemeinsame politische Interessensvertretung des Handwerks durch die Arbeitsgemeinschaft der Handwerkskammern in Rheinland-Pfalz
  • eine Attraktivitätssteigerung der Ausbildung
  • verbesserte Weiterbildungsmöglichkeiten für Beschäftigte im Handwerk mit dem Schwerpunk Digitalisierung und Transformation
  • für eine Stärkung der Tarifverträge und eine höhere Tarifbindung
  • für eine moderne und flexible Arbeitszeit im Sinne des Arbeitnehmerschutzes und einer verbesserten Work-Life-Balance
Die Arbeitnehmer-Vizepräsidenten

 

PDF-Download der Saarbrücker Erklärung

saarbruecker_erklaerung_20190927.pdf