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RechtsberatungArbeitsrecht
Das neue Fachkräfteeinwanderungsgesetz
Am 18.08.2023 wurde in Deutschland das Gesetz zur Reform des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes veröffentlicht. Dadurch sollen ausländische Fachkräfte künftig leichter nach Deutschland kommen können als bisher, u. a. anhand eines Punktesystems. Das Gesetz zur Weiterentwicklung der Fachkräfteeinwanderung (Fachkräfteeinwanderungsgesetz, kurz FEG) ist ein Gesetz zur Regelung der Zuwanderung qualifizierter Fachkräfte aus Drittstaaten. Mit ihm sollen Arbeitgeber die Möglichkeit erhalten, Fachkräfte und mögliche Auszubildende außerhalb des europäischen Arbeitsmarkts einfacher anzuwerben und zu beschäftigen.
Wann tritt das neue Fachkräfteeinwanderungsgesetz (FEG) in Kraft?
Mit dem neuen Gesetz werden bereits bestehende Regelungen für Fachkräfte mit Hochschulabschlüssen, wie die Blaue Karte EU, fortgeführt und teilweise erheblich erweitert. Zudem wird es möglich sein, mit einer neuen sogenannte Chancenkarte nach einem Arbeitsplatz zu suchen. Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz ist im März 2024 in Kraft getreten. Einige Regelungen sind jedoch bereits ab November 2023 in Kraft getreten. Die Bundesregierung wollte den Behörden genug Zeit zur Anpassung ihrer internen Prozesse geben.
Welche Neuerungen sind geplant?
Das Gesetz sieht deutliche Erleichterungen für die Zuwanderung von Fachkräften vor. Im Vergleich zur ursprünglichen Version, die im Ergebnis nicht den erhofften Effekt gebracht hat, bringt das neue Gesetz in fast jeder Hinsicht Verbesserungen für ausländische Fachkräfte, die in Deutschland einen Arbeitsplatz suchen.
Die neue Blaue Karte EU ab November 2023
In Umsetzung der Vorgaben der EU-Richtlinie (EU) 2021/1883 hat der Gesetzgeber die Einwanderungsmöglichkeiten mit einer Blauen Karte EU neu gestaltet und erweitert. Die Blaue Karte EU ist ein Aufenthaltstitel für Hochschulabsolventen, mit dem die dauerhafte Zuwanderung von Hochqualifizierten aus dem Nicht-EU-Ausland nach Deutschland erleichtert und gefördert werden soll.
Abgesenkte Gehaltsgrenzen
Die Gehaltsschwellen für die Blaue Karte EU in sogenannten Regel- und Engpassberufen werden deutlich abgesenkt. Künftig gilt ein Mindestgehalt von 45,3 % der jährlichen Beitragsbemessungsgrenze in der Rentenversicherung (im Jahr 2023: 39.682,80 Euro) für die sogenannten Engpassberufe (= wenn auf eine offene Stelle höchstens drei statistisch erfasste Arbeitslose kommen) und Berufsanfänger sowie 50 % (im Jahr 2023: rund 43.800 Euro) für alle anderen (Regel)Berufe.
Erweiterter Personenkreis
Berufseinsteiger
Die Möglichkeit, eine Blaue Karte EU zu erhalten, wird nunmehr einem größeren Personenkreis eröffnet. Ausländische Akademiker, die innerhalb der letzten drei Jahre einen Hochschulabschluss erworben haben, können eine Blaue Karte EU erhalten, wenn diese mit dem Job in Deutschland ein Mindestgehalt von 45,3 % der jährlichen Beitragsbemessungsgrenze in der Rentenversicherung (im Jahr 2023 somit 39.682,80 Euro) erreichen. Dies gilt sowohl für Engpass- als auch für Regelberufe.
IT-Spezialisten
Neu ist außerdem, dass IT-Spezialisten künftig eine Blaue Karte EU erhalten können, wenn sie zwar keinen Hochschulabschluss besitzen, aber mindestens drei Jahre vergleichbare Berufserfahrung nachweisen können. In diesem Fall gilt die niedrigere Gehaltsschwelle von 45,3 % nur für Engpassberufe.
Ausweitung der Liste der Engpassberufe
Die Liste der Engpassberufe für die Blaue Karte EU wurde deutlich erweitert. Zusätzlich zu den bisherigen Engpassberufen (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Ingenieurwesen und Humanmedizin) können künftig auch Fachkräfte in den folgenden Berufsgruppen eine Blaue Karte EU erhalten, wenn die übrigen Voraussetzungen erfüllt sind:
- Führungskräfte in der Produktion bei der Herstellung von Waren, im Bergbau und im Bau sowie in der Logistik,
- Führungskräfte in der Erbringung von Dienstleistungen im Bereich Informations- und Kommunikationstechnologie,
- Führungskräfte in der Erbringung von speziellen Dienstleistungen, z.B. in der Kinderbetreuung oder im Gesundheitswesen,
- Tierärzte, Zahnärzte, Apotheker,
- Akademische und vergleichbare Krankenpflege- und Geburtshilfefachkräfte,
- Lehr- und Erziehungskräfte im schulischen und außerschulischen Bereich.
Auch hier gilt die niedrigere Gehaltsschwelle für Engpassberufe von 45,3% der jährlichen Beitragsbemessungsgrenze.
Kurzfristige und langfristige Mobilität
Für Inhaber einer Blauen Karte EU, die ein anderer EU-Mitgliedstaat ausgestellt hat, wird die kurz- und langfristige Mobilität nach Deutschland ermöglicht. Für einen Aufenthalt von höchstens 90 Tagen dürfen Blaue Karte-Inhaber aus anderen EU-Staaten nach Deutschland kommen und sich hier zum Zweck einer geschäftlichen Tätigkeit, die in direktem Zusammenhang mit ihrer Beschäftigung (in dem anderen EU-Staat) steht, aufhalten. Für diesen Kurzaufenthalt ist weder ein Visum noch eine Arbeitserlaubnis der Bundesagentur für Arbeit erforderlich. Nach einem Mindestaufenthalt von zwölf Monaten mit der Blauen Karte EU in einem anderen EU-Staat ist der langfristige Umzug nach Deutschland ohne Visum möglich. Eine deutsche Blaue Karte EU muss bei dieser Variante nach der Einreise bei der zuständigen Ausländerbehörde beantragt werden.
Erleichterter Familiennachzug zu Personen im Besitz einer Blauen Karte EU
Bei Inhabern der Blauen Karte EU, die bereits in einem anderen EU-Mitgliedsstaat mit ihrer Familie gelebt haben, wird der Familiennachzug privilegiert geregelt. Sind diese Familienangehörigen aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit visumpflichtig, sind sie berechtigt, mit den im vorherigen Mitgliedsstaat ausgestellten Aufenthaltstiteln als Familienangehörige eines Blaue-Karte-EU-Inhabers nach Deutschland einzureisen und sich hier aufzuhalten, ohne zuvor ein Visumverfahren zu durchlaufen. Bei der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis in Deutschland fallen die Anforderungen des ausreichenden Wohnraums (§ 29 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG) und der Lebensunterhaltssicherung (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG) weg.
Welche Änderungen gibt es noch seit November 2023?
Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis für Fachkräfte und Verzicht auf die Verbindung zwischen Qualifikation und Beschäftigung
Die beiden zentralen Rechtsgrundlagen für Aufenthaltserlaubnisse für Fachkräfte mit Berufsausbildung (§ 18a AufenthG) und Fachkräfte mit akademischer Ausbildung (§ 18b AufenthG) werden in doppelter Hinsicht geändert:
- Erstens hat man nun einen Anspruch auf Erteilung der Aufenthaltserlaubnis, wenn alle Voraussetzungen erfüllt sind.
- Zweitens wird die Beschränkung aufgehoben, dass man nur aufgrund der mit dem Berufsabschluss verbundenen Befähigung arbeiten darf. Wenn man also eine qualifizierte Berufsausbildung oder einen Hochschulabschluss vorweisen kann, ist man bei der Jobsuche nicht auf Beschäftigungen beschränkt, die in Verbindung mit dieser Ausbildung stehen.
- Ausnahmen gibt es für die sogenannten reglementierten Berufe. Achtung: In Deutschland gibt es reglementierte Berufe, d. h. in diesen Berufen darf man nur dann arbeiten, wenn man eine ganz bestimmte Qualifikation besitzt. Das gilt z. B. für Gesundheits- und Krankenpfleger, Ärzte, Lehrer oder Rechtsanwälte. Es gilt auch für bestimmte Meisterberufe im Handwerk, wenn sie als selbstständige Unternehmer tätig sein möchten. Personen mit einer ausländischen Qualifikation, die in einem reglementierten Beruf in Deutschland arbeiten möchten, brauchen eine Anerkennung ihres ausländischen Abschlusses bzw. eine Berufsausübungserlaubnis.
Sonderfall: Beschäftigung von Berufskraftfahrern
Die Zustimmungserteilung der Bundesagentur für Arbeit für die Beschäftigung von Berufskraftfahrern aus Drittstaaten wird ebenfalls erheblich vereinfacht. So wird grundsätzlich nicht mehr geprüft, ob die erforderliche EU- bzw. EWR-Fahrerlaubnis und die Grundqualifikation oder beschleunigte Grundqualifikation vorhanden sind. Zudem wird die sogenannte Vorrangprüfung gestrichen und es werden keine Sprachkenntnisse mehr vorausgesetzt.
Welche Änderungen gelten ab Frühjahr 2024?
Regelungen zur Anerkennung einer ausländischen Berufsqualifikation
Die Möglichkeiten zum Aufenthalt für die Teilnahme an Qualifizierungsmaßnahmen in Deutschland werden ausgebaut. Die bisherige 18-monatige Aufenthaltserlaubnis zur Durchführung von Anpassungsmaßnahmen (§16 d Abs. 1 AufenthG) wird nun bei der Ersterteilung für 24 Monate ausgestellt. Eine Verlängerung um weitere 12 Monate bis zu einer Höchstaufenthaltsdauer von drei Jahren ist möglich. Dadurch erhalten Arbeitgeber mehr Flexibilität. Die Nebenbeschäftigung während der Qualifizierungsmaßnahme wird von 10 auf 20 Stunden in der Woche erhöht. Angehenden Fachkräften soll somit der Weg in den Arbeitsmarkt erleichtert werden. Die Durchführung von Qualifizierungsmaßnahmen in Deutschland zielt darauf ab, die volle Gleichwertigkeit der ausländischen Berufsqualifikationen zu erlangen.
Das neue Fachkräfteeinwanderungsgesetz führt hierfür zwei neue Zugangswege ein:
- Einreise und Beschäftigung im Rahmen einer sogenannten Anerkennungspartnerschaft zwischen dem Arbeitgeber und der Fachkraft: Mit der Anerkennungspartnerschaft wird ermöglicht, einen Aufenthaltstitel zur Ausübung einer qualifizierten Beschäftigung zu erhalten und ein erforderliches Anerkennungsverfahren erst nach der Einreise begleitend durchzuführen. Im Gegensatz zu den bisherigen Möglichkeiten zur Durchführung von Qualifizierungsmaßnahmen ist es in diesem Fall nicht erforderlich, vor der Einreise ein Anerkennungsverfahren einzuleiten bzw. das Vorliegen eines Bescheids über die teilweise Gleichwertigkeit zu beantragen. Die Visumerteilung ist mit der Verpflichtung der angehenden Fachkraft und des Arbeitgebers verbunden, nach der Einreise die Anerkennung zu beantragen und das Verfahren aktiv zu betreiben. Grundvoraussetzungen für die Anerkennungspartnerschaft sind, neben dem Arbeitsvertrag, das Vorliegen einer Berufsqualifikation, die eine mindestens zweijährige Ausbildung erfordert hat oder ein Hochschulabschluss – beides muss vom jeweiligen Ausbildungsstaat anerkannt sein – sowie deutsche Sprachkenntnisse auf Niveau A2. Die Aufenthaltserlaubnis wird in der Regel für ein Jahr erteilt und kann auf bis zu drei Jahre verlängert werden. Der bisherige Aufenthalt zur Anerkennung, wenn schwerpunktmäßig Fähigkeiten in der betrieblichen Praxis fehlen, entfällt zukünftig. Personen mit Bescheid über die teilweise Gleichwertigkeit, denen schwerpunktmäßig Fähigkeiten in der betrieblichen Praxis fehlen, haben somit zum Zweck der Berufsanerkennung in Deutschland zwei Optionen: Sie können künftig – wie bisher auch – entweder zur Durchführung einer Qualifizierungsmaßnahme (§ 16 d Abs. 1 AufenthG) oder im Rahmen einer Anerkennungspartnerschaft (§ 16 d Abs. 3 neu AufenthG) einreisen.
- Einreise zur Durchführung einer Qualifikationsanalyse: Anerkennungssuchenden, die für die Feststellung der Gleichwertigkeit ihrer ausländischen Qualifikation nach Einschätzung der zuständigen Stelle eine Qualifikationsanalyse in Deutschland durchführen sollten, kann zu diesem Zweck ein Aufenthaltstitel von bis zu sechs Monaten erteilt werden. Voraussetzung sind unter anderem Deutschkenntnisse mindestens auf Niveau A2.
Regelungen für Fachkräfte mit Berufserfahrung
- Sonderregelung bei berufspraktischer Erfahrung: Die Beschäftigung von Personen mit ausgeprägter berufspraktischer Erfahrung wird erweitert. Die neue Regelung gilt nun für alle nicht-reglementierten Berufe in allen Branchen. Die Anforderung an Personen mit berufspraktischer Erfahrung ist, dass sie einen Berufs- oder Hochschulabschluss, der vom jeweiligen Ausbildungsstaat anerkannt ist, vorweisen können. Im Falle eines Berufsabschlusses ist eine Ausbildungsdauer von mindestens zwei Jahren erforderlich. Alternativ zu einem staatlich anerkannten Abschluss ist unter bestimmten Voraussetzungen der Abschluss einer deutschen Auslandshandelskammer ausreichend. Zudem sind mindestens zwei Jahre Erfahrung im angestrebten Beruf vorausgesetzt. Achtung: Die formale Anerkennung des Abschlusses in Deutschland ist nicht erforderlich.
- Für IT-Spezialisten wird der Arbeitsmarktzugang zusätzlich erleichtert: Die notwendige einschlägige Berufserfahrung wird auf zwei Jahre reduziert (vorher drei Jahre). Ein Berufs- oder Hochschulabschluss ist weiterhin nicht erforderlich. Sprachkenntnisse müssen für das Visum nicht mehr nachgewiesen werden.
- Arbeitsmarktzugang von Pflegehilfskräften aus Drittstaaten: Mit den geplanten Neuerungen wird der Arbeitsmarktzugang für Pflegekräfte um eine Regelung für Pflegehilfskräfte aus Drittstaaten ergänzt. Alle Personen aus Drittstaaten mit einer Pflegeausbildung unterhalb der dreijährigen geregelten Fachkräfteausbildung können im Gesundheits- und Pflegebereich beschäftigt werden, wenn sie eine entsprechende deutsche Berufsausbildung im Pflegebereich oder eine ausländische Pflegequalifikation, die in Deutschland anerkannt wurde, nachweisen können.
- Jobsuche im Anschluss an eine Ausbildung in den Gesundheits- und Pflegeberufen: Pflegeassistenten und Pflegehelfer aus Drittstaaten, die ihre Ausbildung in Deutschland absolviert haben, sollen künftig einen Aufenthaltstitel zur Arbeitsplatzsuche beantragen können. Die Aufenthaltserlaubnis wird für bis zu zwölf Monate erteilt und kann, wenn der Lebensunterhalt weiter gesichert ist, um bis zu sechs Monate verlängert werden.
Niederlassungserlaubnis für Fachkräfte aus dem Ausland
Ausländische Fachkräfte, die eine Aufenthaltserlaubnis (§ 18a, § 18b, § 18d oder §18g AufenthG) besitzen und weder eine inländische Berufsausbildung noch ein Studium in Deutschland absolviert haben, erhalten bereits nach drei Jahren (vorher vier Jahre) die Niederlassungserlaubnis in Deutschland. Darüber hinaus erhalten Inhaber einer Blauen Karte EU noch schneller eine Niederlassungserlaubnis: Nach 27 Monaten in Beschäftigung mit einer Blauen Karte EU ist ihre Erteilung möglich, bei ausreichenden Deutschkenntnissen (Niveau B1) sind es sogar 21 Monate. Für Absolventen eines Studiums oder einer Berufsausbildung in Deutschland bleibt die aktuelle Sonderbestimmung zur Niederlassungserlaubnis bestehen: Bereits nach zwei Jahren im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung einer Beschäftigung als „Fachkraft“ (Aufenthaltstitel nach §§ 18a, 18b oder 18d AufenthG), kann ihnen eine Niederlassungserlaubnis erteilt werden. Das Gesetz schafft außerdem neue Möglichkeiten für die Beschäftigung von Studierenden und Auszubildenden.
Welche Änderungen gelten ab Frühsommer 2024?
Einführung einer Chancenkarte zur Jobsuche
Für einen Aufenthalt zur Arbeitsplatzsuche wird eine sogenannte Chancenkarte eingeführt. Diese kann auf zwei Wegen erlangt werden: Drittstaatsangehörige, die eine volle Gleichwertigkeit der ausländischen Qualifikation nachweisen und daher als „Fachkräfte” (nach § 18 Abs. 3 AufenthG) gelten, können die Chancenkarte ohne weitere besondere Voraussetzungen erhalten. Alle anderen müssen einen ausländischen Hochschulabschluss, einen mindestens zweijährigen Berufsabschluss (jeweils im Ausbildungsstaat staatlich anerkannt) oder einen von einer deutschen Auslandshandelskammer erteilten Berufsabschluss nachweisen. Zudem sind entweder einfache deutsche (Niveau A1) oder englische Sprachkenntnisse (Niveau B2) erforderlich.
Wenn diese Voraussetzungen vorliegen, kann man für Kriterien wie Anerkennung der Qualifikationen in Deutschland, Sprachkenntnisse, Berufserfahrung, Alter und Deutschlandbezug sowie das Potenzial der mitziehenden Lebens- oder Ehepartner unterschiedliche Punkte sammeln. Um die Chancenkarte zu erhalten, müssen mindestens sechs Punkte erreicht werden. Die Chancenkarte wird für maximal ein Jahr erteilt, wenn der Lebensunterhalt für diese Zeit gesichert werden kann. Sie bietet während des Aufenthalts in Deutschland Möglichkeiten zur Probearbeit oder Nebenbeschäftigung im Umfang von 20 Stunden in der Woche. Wenn man danach ein Angebot für eine qualifizierte Beschäftigung hat, kann die Chancenkarte um weitere zwei Jahre verlängert werden.
Wo erhalten Sie als Arbeitgeber in Deutschland weitere Informationen und Unterstützung?
Die Bundesregierung stellt Arbeitgebern verschiedene Portale zur Verfügung, über die allgemeine und individuelle Beratung der komplizierten Materie angeboten wird:
- Erste Orientierung: Je nachdem, ob Sie eine ausländische Fachkraft oder Auszubildende einstellen möchten und abhängig davon, aus welchem Land Ihre Kandidaten kommen, sind verschiedene Aspekte zu beachten. Mit Hilfe des sogenannten Quick-Check für Arbeitgeber der Bundesregierung erhalten Sie eine erste Orientierung inklusive eines Katalogs der FAQs.
- Individuelle Beratung: Für ganz konkrete Fragen Unterstützung bei der Fachkräfterekrutierung im Ausland können sich Arbeitgeber an die dafür zur Verfügung gestellte Hotline wenden.
- Projekte zur Fachkräftegewinnung: Darüber hinaus wurden Projekte für die Umsetzung künftiger Rekrutierungspläne aufgesetzt.
Mindestlohn
Neben den branchenspezifischen Tariflöhnen gibt es seit dem 1. Januar 2015 auch einen allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn.
Durch Beschluss der Bundesregierung vom 15. November 2023 erhöht sich der gesetzliche Mindestlohn ab 1. Januar 2024 auf nunmehr 12,41 Euro brutto/Stunde und ab 1. Januar 2025 auf 12,82 Euro brutto/Stunde.
Die Entgeltgrenze für Minijobs liegt zurzeit bei 538,00 Euro. Sie wird ab ab 1. Januar 2025 auf 556,00 Euro angehoben.
Informationen zum Mindestlohn finden Sie auf der Internetseite des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales.
Für Handwerksbetriebe, die vom gesetzlichen Mindestlohn betroffen sind, gibt es eine Durchführungsverordnung, die die praktischen Anwendungsfragen klärt (Dokumentationspflichten etc.).
ZDH-Praxis Arbeitsrecht – Gesetzlicher Mindestlohn – Information von Juli 2024
Neues Nachweisgesetz und neue Begründungspflichten des Arbeitgebers
Seit dem 1. August 2022 gibt es aktuelle Änderungen im Arbeitsrecht. Das neue Nachweisgesetz erweitert die bereits bestehenden Nachweispflichten der Arbeitgeber. Diese müssen nun neue gesetzliche Anforderungen erfüllen. Andernfalls drohen Bußgelder bis zu 2.000,00 Euro.
Zusammenfassung der wesentlichen Neuregelungen:
ZDH-Praxis Arbeitsrecht – Kurzinfo zum Nachweisgesetz
ZDH-Praxis Arbeitsrecht – Handlungshilfen zum Nachweisgesetz
ZDH-Praxis Arbeitsrecht – Kurzinfo zu den Begründungspflichten
Die Befristung im Arbeitsvertrag
Der Abschluss befristeter Arbeitsverträge (maximal zwei Jahre) ist für Handwerksbetriebe ein gutes Instrument, um Mitarbeiter flexibel und ggf. auftragsbezogen einzustellen. Die Befristung kann aber auch dazu dienen, einem Arbeitnehmer eine Chance zu geben, ohne sich gleich dauerhaft zu binden. Denn oft ist die Probezeit zu kurz, um sich ein richtiges Bild vom neuen Mitarbeiter zu machen.
Wie befriste ich richtig?
Die vertragliche Vereinbarung über die Befristung eines Arbeitsverhältnisses muss immer schriftlich im Arbeitsvertrag erfolgen. Wenn eine erste Befristung ausläuft und der Arbeitgeber die Befristung verlängern möchte, ist es sehr wichtig, dass eine erneute Befristung ebenfalls schriftlich geregelt wird. Wichtig ist, dass eine erneute Verlängerung eines befristeten Arbeitsverhältnisses rechtzeitig vor Ablauf der ersten Befristung schriftlich zwischen den Vertragsparteien vereinbart wird.
Wie oft kann ich Arbeitsverträge befristen?
Die Befristung eines Arbeitsvertrages darf insgesamt einen Zeitraum von zwei Jahren nicht überschreiten. Dieser Zeitraum kann individuell aufgeteilt werden. Die erste Befristung eines Arbeitsvertrages darf jedoch innerhalb dieses Zeitraums von zwei Jahren höchstens dreimal verlängert werden.
Betrug und Urkundenfälschung beim Abschluss von Arbeitsverträgen
Es häufen sich Fälle, in denen gefälschte Bewerbungsunterlagen – insbesondere Berufsabschluss- und Weiterbildungszeugnisse – vorgelegt werden. Dies kann nicht nur dem Handwerksbetrieb, sondern unter Umständen auch dem Kunden schaden. Daher unser Rat an einstellende Handwerksbetriebe: Lassen Sie sich im Zweifelsfall wichtige Zeugnisse im Original vorlegen!
Kündigung von kranken Arbeitnehmern
Hier handelt es sich um einen „arbeitsrechtlichen Dauerbrenner“, bei dem oft ein weit verbreiteter Rechtsirrtum vorherrscht.
Hierzu muss man Folgendes beachten:
Handelt es sich bei dem Arbeitgeber um einen sogenannten Kleinbetrieb (regelmäßig nicht mehr als 10 Vollzeit-Beschäftigte) kann einem Arbeitnehmer im Krankenstand selbstverständlich ganz normal betriebsbedingt gekündigt werden. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass es absolut ausreicht, ausschließlich den Kündigungsgrund (betriebsbedingt) im Kündigungsschreiben zu nennen, eine Begründung muss man in der Kündigung nicht schreiben.
Reagiert dann der Arbeitnehmer reflexartig mit einer Kündigungsschutzklage, weil er wiederum rechtsirrig meint, ihm könne im Krankenschein nicht gekündigt werden, muss man sich als Arbeitgeber keine Sorgen machen.
Im Arbeitsgerichtsprozess kann man sehr gut gerade auch wegen der Krankheit argumentieren, da es für einen Kleinbetrieb aus unternehmerischer Sicht nicht zumutbar ist, längere oder sich wiederholende Krankheitszeiten aus Kostensicht und auch aus organisatorischen Gründen zu akzeptieren.
Abschließend ist noch zum Thema Kleinbetrieb der Hinweis wichtig, dass für die Berechnung der Mitarbeiterzahl Folgendes zu beachten ist:
Geringfügig Beschäftigte werden mit dem Faktor 0,5 angesetzt.
Teilzeit-Beschäftigte, die über die Geringfügigkeitsgrenze hinaus eingesetzt werden, werden mit 0,75 berechnet. Auszubildende gelten nicht als berücksichtigungsfähige Beschäftigte im Sinne dieser Berechnung. Der Betriebsinhaber bzw. der Geschäftsführer einer GmbH ist ebenfalls nicht zu berücksichtigen.
Bei Betrieben, die regelmäßig mehr als 10 Mitarbeiter beschäftigen, ist es sehr viel schwieriger, kranken Arbeitnehmern zu kündigen. Hier verlangt die Rechtsprechung als Voraussetzung eine Erkrankung mit einer ununterbrochenen Dauer von einem Jahr und zusätzlich eine ärztlich attestierte negative Gesundheits-Prognose.
Sicherlich ist es auch für „Großbetriebe“ möglich, einem kranken Arbeitnehmer betriebsbedingt zu kündigen. Aber auch hier gilt die zusätzliche Hürde der „sozialen Rechtfertigung“ nach den Bestimmungen des Kündigungsschutzgesetzes, das auf Kleinbetriebe nicht anwendbar ist.