Saarländische Bäckerinnung: „Wir backen, was der Kunde verlangt“


Ein Mann und eine Frau stehen vor einem Regal mit Broten

Landesinnungsmeister Jörg Kleinbauer und Innungsgeschäftsführerin Sabine Hensler sind mit dem Organisationsgrad von 70 Prozent sehr zufrieden. Foto: © Rau

Die Landesinnung der Bäcker über den Wandel im Markt und die zukünftigen Herausforderungen.
"Wir haben eine hohe Frühstücks- und Brotkompetenz. Das müssen wir intensiv nutzen. Der Kunde verbindet morgens früh den Traditionsbäcker mit guten und frischen Backwaren.“ Hans-Jörg Kleinbauer (56), seit gut drei Jahren Landesinnungsmeister der saarländischen Bäcker, sieht diese beiden Kernkompetenzen nach wie vor als starke Waffe „seiner“ Bäcker im heiß umkämpften Backwarenmarkt. Jeder Deutsche verzehrt (statistisch) im Jahr rund 60 Kilogramm Backwaren: Ein riesiger Markt. Der Frühstücks- und Snackbereich werde für viele Betriebe immer wichtiger. „Man muss sich spezialisieren und seine Nische entdecken“, sagt Kleinbauer. Immer mehr Menschen seien zudem im Rahmen einer bewussteren Ernährung mittlerweile auch bereit, für ein gesundes Brot einen angemessenen Preis zu bezahlen. „Bio“ sei eine Spezialschiene, reine Biobäckereien gebe es im Saarland nur wenige. „Wir backen, was der Kunde verlangt“, meint der Innungsmeister.

Markt im Wandel
Der Markt hat in den letzten 20 Jahren einen starken Strukturwandel hinter sich: Die Zahl der selbstständigen Bäcker hat sich nach Innungsangaben von 2009 bis heute von rund 15.000 auf noch rund 12.000 verringert. Der Vormarsch der Backautomaten bei den Handels-Großvertriebsformen und niedrige, ja oft Kampfpreise, macht dem Traditionsbäcker das Leben schwer. Im Saarland sank die Zahl der selbstständigen Bäckereibetriebe von 1980 bis heute von rund 800 auf rund 200. „Oft fehlt es aber auch an geeignetem Nachwuchs für Betriebsübernahmen“, so Kleinbauer. Er selbst ist selbstständiger Bäckermeister der Brotmanufaktur Kleinbauer (Sitz: Saarbrücken) mit 27 Mitarbeitern und drei Standorten. So bekommt er alle Probleme seines Berufsstandes hautnah mit und ist als Innungsmeister Ansprechpartner für seine Innungskollegen. Die Statistik listet im Saarland rund 200 Bäckereibetriebe mit 420 Betriebsstätten auf. In der saarländischen Bäckerinnung sind davon aktuell 135 Mitgliedsunternehmen mit gut 3.000 Mitarbeitern organisiert, sagt Innungsgeschäftsführerin Sabine Hensler.
 
Natürlich hätten Kleinbauer und Hensler gerne mehr Mitglieder, „denn Einigkeit macht stark.“ In Zeiten rückläufiger Betriebsstättenzahlen sei die Akquisition neuer Mitglieder aber ein schwieriges Unterfangen. Insofern sei der Organisationsgrad mit rund 70 Prozent im Saarland gar nicht mal schlecht, so Hensler. Und der Beitrag für die Innungsmitgliedschaft sollte eigentlich keinen Interessenten abhalten. Der bewege sich zwischen 450 und 1.000 Euro jährlich im überschaubaren Rahmen: „Dafür bekommen die Mitglieder aber auch etwas“, meint Geschäftsführerin Hensler.

Kontakt zu Entscheidungsträgern
Was kann eine Innung für ihre Mitglieder leisten? „Zunächst: Innungen sind im Handwerk wichtig, sie beruhen, was viele nicht wissen, immer auf freiwilliger Mitgliedschaft. Unser Innungsverband ist einer der kleineren im Saarland. Wir sind vor allem Interessenvertreter und Tarifpartner“, so Kleinbauer. Im Saarland mit seinen kurzen Wegen pflege man intensiven Kontakt zu den politischen Entscheidungsträgern: „Wir sind nah dran, das ist oft von Vorteil“, so Kleinbauer. Die Innung bietet ihren Mitgliedern Rechtsberatung und -vertretung vor dem saarländischen Arbeitsgericht und informiert über alle Fragen zum Arbeits-, Sozialversicherungs-, Steuer- und Lebensmittelrecht mit ihrem monatlichen Info-Organ ,Bäcker-Echo'“, sagt Sabine Hensler.
 
Regelmäßige Innungsversammlungen zu Berufsstandsfragen und aktuellen Themen sorgen für einen ständigen Informationsfluss. „Wir führen Brot- und Brötchen- sowie Stollenprüfungen durch, bei guten Ergebnissen kann der Bäcker die zur Verkaufsförderung nutzen“, so Kleinbauer. Oder man macht mit dem im vergangenen Jahr zum „Tag des saarländischen Handwerks“ im September in Saarlouis gestarteten „IKK-Brot“ (IKK: Innungskrankenkasse) Furore. Das gesunde Spezialbrot ging beim diesjährigen „Tag des Handwerks“ in Saarlouis Mitte September in die zweite Runde.
 
Auch die Bäcker plagen Nachwuchsprobleme wie im gesamten Handwerk. „Sie müssen zwar nachts arbeiten, sind dafür am Tag auch frühzeitig mit der Arbeit fertig und können den Tag nutzen“, wirbt Kleinbauer für Nachwuchs. Derzeit zählen die Innungsbetriebe 146 Auszubildende, rund 100 als Bäckereiverkäufer/-in und knapp 50 als Bäcker/in.
 
Gibt es Forderungen an die Politik? Wo drückt den Bäckern der Schuh? Ein Dauerbrenner bundesweit ist die unterschiedliche Besteuerung mit Mehrwertsteuersätzen: „Beim Außer-Haus-Verzehr beträgt der Mehrwertsteuersatz sieben Prozent, beim Innen-Haus- Verzehr muss jedoch 19 Prozent Mehrwertsteuer berechnet werden. Das kann kaum ein Kunde verstehen“, so Kleinbauer. Hier wäre ein einheitlicher Steuersatz angebracht. Betriebe im ländlichen Raum seien auf eine gute Infrastruktur angewiesen, hier gebe es im Saarland noch etliche Löcher, so Hensler. „Und in den Orten brauchen wir ausreichend geschäftsnahe Parkplätze für die Einkaufenden.“
 
Mit der Handwerkskammer des Saarlandes (HWK) arbeite man als Bäckerinnung „gut und vertrauensvoll zusammen etwa bei den Überbetrieblichen Lehrlingsunterweisungen (ÜLU) und im Prüfungswesen. Probleme lassen sich schnell lösen und wir sind zum Beispiel beim jährlichen ,Tag des Handwerks‘ immer dabei“, so Hensler und Kleinbauer. HWK-Präsident Bernd Wegner ergänzt: „Unsere HWK macht sich gegenüber der Politik vor allem für gewerksübergreifende Themen wie Fachkräftesicherung und Energieeffizienz stark. Gerade Gewerke wie das Bäckerhandwerk, die sich im starken ‚Wettbewerbsdruck‘ befinden, sind auf eine gute politische Arbeit angewiesen, die sich zum Beispiel für eine zukunftsfeste Infrastruktur einsetzt.“
 
Ansprechpartnerin beim Bäckerinnungsverband Saarland e.V. ist Geschäftsführerin RAin Sabine Hensler, Tel.: 0681/ 881120, E-Mail: biv.saaland@t-online.de.
 

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