
Selbständig arbeitende KI-Systeme können Routineaufgaben übernehmen, wodurch in Zukunft mehr Zeit für das eigentliche Handwerk bleibt.
„Viele Unternehmer haben ein Smartphone in der Tasche, also warum nicht auch einen kleinen KI-Gesellen?“, fragt Artur Hermann, Digitalisierungsbeauftragter bei der Handwerkskammer des Saarlandes (DIGI-BIT). Damit meint er selbständig arbeitende Systeme mit Künstlicher Intelligenz, sogenannte KI-Agenten. Doch was ist ein „Agent“ überhaupt? „Ein Agent ist ein digitales Werkzeug, das bestimmte Aufgaben im Betrieb eigenständig übernimmt, zum Beispiel Termine vorschlagen, Angebote ausfüllen oder Bestellungen anstoßen. Man kann sich einen Agenten wie einen kleinen Assistenten vorstellen, der im Hintergrund arbeitet und so Zeit für das Wesentliche schafft“, erklärt Hermann.
Laut einer aktuellen Bitkom-Umfrage nutzen inzwischen 67 Prozent der Deutschen generative KI, und der Trend ist steigend. Für Hermann steht fest: „KI-Agenten bieten die Chance, Routineaufgaben zu übernehmen, sodass in Zukunft mehr Zeit für das eigentliche Handwerk bleibt.“
Einfach bauen – wenige Klicks genügen
Programmieren müssen Handwerksbetriebe dafür nicht. Sogenannte Low-Code-Baukästen, wie Zapier oder Make, bieten Drag-and-Drop-Oberflächen an, mit denen sich ein Agent zusammenstellen lässt. Drag-and-Drop-Oberflächen sind Baukastensysteme, bei denen man einzelne Bausteine einfach mit der Maus an die gewünschte Stelle ziehen und ablegen kann und das ganz ohne Programmierkenntnisse.
Die Werkzeuge verbinden beispielsweise elektronische Kalender, E-Mails und Datenbanken, ohne dass dafür eine einzige Zeile Code geschrieben werden muss. „Das ist wie Lego für digitale Abläufe“, sagt Hermann.
Sobald der Agent häufiger aktiv ist oder zusätzliche Funktionen nutzt, entstehen verbrauchsabhängige Gebühren. Diese fallen beispielsweise pro Anfrage an die jeweilige Programmierschnittstelle (kurz API) oder in Form eines monatlichen Pauschaltarifs an. Große KI-Plattformen wie OpenAI, Google Vertex AI oder Azure OpenAI berechnen API-Aufrufe grundsätzlich ab dem ersten Zeichen. Je nach Umfang können so Kosten in Höhe von 20 bis mehreren Hundert Euro pro Monat entstehen.
Wer eine schnelle Verbindung zu vorhandenen Google-Diensten benötigt, findet mit „LeChat“ von Mistral eine Lösung: Das große Sprachmodell des französischen Unternehmens kann mit wenigen Klicks auf Google Calendar und Gmail zugreifen, Termine auslesen oder E-Mails vorbereiten – ganz ohne eigene Schnittstellen programmieren zu müssen. Aber auch OpenAI bietet mit seinen neuen KI-Agenten vergleichbare Lösungen an, auf die Betriebe mit Plus-Mitgliedschaft direkt zugreifen können, ohne selbst einen Agenten bauen zu müssen. Generell schreitet die Entwicklung dieser Anwendungen rasch voran: Fast jeden Monat gibt es Erweiterungen oder sogar neue Dienste.
Aus Datenschutzsicht ist es von Vorteil, dass Mistral AI eigene Richtlinien und Maßnahmen entwickelt hat, die auf europäischen Datenschutzstandards und insbesondere der DSGVO basieren. Generell sollten Betriebe ihre individuellen Datenschutzpflichten prüfen. Außerdem sollten sie darauf achten, in den Einstellungen das Modelltraining zu deaktivieren oder direkt einen Tarif zu wählen, bei dem der Anbieter die Daten grundsätzlich nicht für das Modelltraining verwendet.
Drei schnelle Einsatzideen
Ein Termin-Agent gleicht Termine im Kalender mit Kundenanfragen ab und schlägt passende Zeiten vor. Ein Angebots-Agent füllt Vorlagen automatisch mit Maßen und Materialpreisen aus, die zum Beispiel aus dem Warenwirtschaftssystem, aus einer Datenbank oder aus einer einfachen Excel-Tabelle stammen. Oder ein Bestell-Agent prüft das Lager und löst Nachbestellungen aus, bevor etwas fehlt.
So gelingt der erste Versuch
- Kleines Ziel setzen. Etwa: „Termine vorschlagen, aber noch nicht buchen.“
- Kalender, Preislisten und Vorlagen sollten aktuell und strukturiert vorliegen.
- Agent testen, dann erweitern. Erst intern ausprobieren, Feedback sammeln, anschließend Schritt für Schritt neue Aufgaben hinzufügen.
- Datenschutz prüfen. Nur nötige Infos freigeben und Protokolle regelmäßig löschen.
„Probieren Sie einen kleinen Agenten aus und schauen Sie, wo er im Alltag hilft. Schritt für Schritt kann daraus ein praktisches Werkzeug für Ihren Betrieb werden“, rät der DIGI-BIT.
Artur Hermann ist Digitalisierungsbeauftragter bei der Handwerkskammer des Saarlandes. Seine Schwerpunkte: Beratung zur KI-Einführung und Nutzung, zu E-Rechnungen, zu Online-Marketing und Social Media, zu Websites und Sichtbarkeit sowie Informationen zu Förderprogrammen.
Ansprechpartner
Artur Hermann
Beauftragter für Innovation und Technologie Themenschwerpunkt Digitalisierung (DIGI–BIT)*
Telefon 0681 5809-145
a.hermann@hwk-saarland.de
*Gefördert durch: Bundesministerium für Wirtschaft und Energie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages.