Was bedeutet der AI-Act für Handwerksbetriebe?

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Der AI-Act der Europäischen Union schreibt zwar eine Schulung der Mitarbeiter vor, es gibt aber keine Verpflichtung zu speziellen oder teuren Kursen.

Der AI-Act der Europäischen Union ist seit August 2024 in Kraft. Dieses weltweit erste Regelwerk für den Einsatz und die Entwicklung von Künstlicher Intelligenz (KI) wird schrittweise über mehrere Jahre umgesetzt, bis 2030. Doch was bedeutet das konkret für das Handwerk? Welche Neuerungen sind bereits jetzt relevant und worauf müssen sich Betriebe einstellen?

Der AI-Act regelt, wie KI-Systeme in der EU eingesetzt werden dürfen. Dabei wird zwischen verschiedenen Risikostufen unterschieden:

  • Verbotene KI (zum Beispiel ungezielte Gesichtserkennung oder manipulative Systeme)
  • KI mit hohem Risiko (zum Beispiel KI in sicherheitskritischen Bereichen wie Medizin oder Verkehr)
  • Geringes bis kein Risiko (viele KI-Anwendungen in der Verwaltung oder im Büroalltag, zum Beispiel ChatGPT)

Die Gesetzestexte finden Sie unter: https://artificialintelligenceact.eu/de/

Welche Auswirkungen hat der AI-Act auf Handwerksbetriebe?

„Die meisten Handwerksbetriebe setzen keine Hochrisiko-KI ein, weshalb der unmittelbare Anpassungsbedarf gering ist“, sagt Alexander Petto, Beauftragter für Innovation und Technologie Themenschwerpunkt Digitalisierung (DIGI-BIT) der Handwerkskammer des Saarlandes (HWK).

Dennoch gibt es einige wichtige Punkte:

  • Verbotene Systeme müssen vermieden werden, was in Handwerksbetrieben aber meist kein Problem darstellt.
  • Mitarbeitende sollten geschult werden, um die KI-Systeme korrekt zu nutzen.

Was müssen Betriebe wirklich tun?

Ein zentraler Bestandteil des AI-Acts ist die Schulungspflicht für Mitarbeitende, die mit KI-Systemen arbeiten. Dies ist für alle Unternehmen verpflichtend, die KI nutzen, unabhängig von ihrer Größe oder Branche.

Der Originaltext des AI-Acts besagt:

„Die Anbieter und Betreiber von KI-Systemen ergreifen Maßnahmen, um nach bestem Wissen und Gewissen sicherzustellen, dass ihr Personal und andere Personen, die in ihrem Auftrag mit dem Betrieb und der Nutzung von KI-Systemen befasst sind, über ausreichende KI-Kompetenz verfügen, wobei ihre technischen Kenntnisse, ihre Erfahrung, ihre Aus- und Weiterbildung und der Kontext, in dem die KI-Systeme eingesetzt werden sollen, sowie die Personen oder Personengruppen, bei denen die KI-Systeme eingesetzt werden sollen, berücksichtigt werden.“

Gibt es bereits eine Behörde, die diese Pflicht kontrolliert?

Derzeit gibt es noch keine deutsche Behörde, die die Einhaltung dieser Schulungspflicht überwacht oder sanktioniert. Laut des offiziellen Überblicks zu den nationalen Umsetzungsplänen könnte allerdings die Bundesnetzagentur ab dem 4. Quartal 2025 diese Aufgabe übernehmen.

Unabhängig von der rechtlichen Kontrolle wird jedoch dringend empfohlen, die Mitarbeitenden im Umgang mit KI zu schulen. So kann sichergestellt werden, dass KI-Systeme effizient und sicher eingesetzt, Fehlinterpretationen und Fehlentscheidungen vermieden und Datenschutz- und Sicherheitsanforderungen eingehalten werden.

Viele Handwerksbetriebe nutzen bereits KI-gestützte Funktionen, insbesondere in Microsoft-Produkten wie Windows 11 und Microsoft 365 (Copilot). Diese Systeme gelten als „Begrenztes Risiko“ und unterliegen daher bestimmten Transparenz- und Schulungspflichten:

  • Mitarbeitende müssen wissen, dass sie mit KI arbeiten (Transparenzpflicht).
  • Es muss eine Nutzeranleitung geben, die erklärt, wie die KI funktioniert und wo ihre Grenzen liegen.
  • Betriebe müssen sicherstellen, dass ihre Mitarbeitenden die KI richtig interpretieren und anwenden können.

Praktische Schulungsmöglichkeiten für Handwerksbetriebe

Der AI-Act schreibt keine teuren Zertifizierungslehrgänge vor, aber Unternehmen sollten dafür sorgen, dass ihre Mitarbeitenden über das notwendige Wissen verfügen. Dafür gibt es zwei praxisnahe Optionen:

  • Beim Kauf einer KI-Lösung, zum Beispiel in Form einer Branchenlösung, ist die Nutzung der vom Anbieter angebotenen Schulungen ratsam.
  • Bei allgemeinen Anwendungen (ChatGPT, Le chat, Perplexity usw.) sind Webinare oder Schulungen von Kammern, Verbänden oder Mittelstand-Digital Zentren ausreichend.

Tipp: Eine Teilnahmebescheinigung an Schulungen sollte aufbewahrt werden, um im Falle einer zukünftigen Kontrolle nachweisen zu können, dass Mitarbeitende geschult wurden.

Vorsicht vor unseriösen Schulungsangeboten

„In den sozialen Medien werden zunehmend teure KI-Schulungen beworben, die suggerieren, dass eine aufwendige Zertifizierung erforderlich ist. Das ist falsch. Der AI-Act verlangt zwar Schulungen, aber es gibt keine Pflicht für spezielle oder kostspielige Kurse“, rät Alexander Petto.

Die nächsten wichtigen Fristen:

02.08.2025: Erste Regelungen für allgemeine KI-Modelle wie ChatGPT treten in Kraft – möglicherweise mit einer neuen Kennzeichnungspflicht.

02.08.2026: Der AI-Act gilt vollständig, mit Ausnahme von Artikel 6(1).

02.08.2027: Letzte Umsetzungsfrist tritt in Kraft.

DIGI-BIT Petto: „Der AI-Act bringt viele neue Regelungen, aber kein Grund zur Panik. Für Handwerksbetriebe bleibt der Aufwand überschaubar.“ Für ihn sind folgende drei Punkte wichtig

  • KI-Kompetenz im Betrieb aufbauen.
  • Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im sicheren Umgang mit KI schulen
  • Unnötige Kosten für fragwürdige Zertifizierungen vermeiden.

Ansprechpartner


Alexander Petto
Beauftragter für Innovation und Technologie Themenschwerpunkt Digitalisierung (DIGI–BIT)
Telefon 0681 5809-141
a.petto@hwk-saarland.de