„Behörden müssen Entsorgungswege garantieren“


Mann mit Brille, Hemd und Jackett

© AGV Bau Saar

Interview mit Peter Braeuning, Landesinnungsmeister des Dachdeckerhandwerks für das Saarland, zur Entsorgung HBCD-haltiger Abfälle.
Die Entsorgung von Polystrol-Dämmplatten mit dem Flammschutzmittel Hexabromcyclododecan (HBCD) führte im Herbst 2016 aufgrund neuer Vorschriften zu einem Entsorgungsnotstand. Mittlerweile ersetzt auch dank des Einsatzes der saarländischen Landesregierung und des saarländischen Handwerks eine neue Bundesratsverordnung – gültig seit 1. August 2017 – das seit Januar 2017 gültige, bisherige Moratorium zur Verbrennung dauerhaft. Damit dürfen HBCD-haltigen Dämmstoffe wieder in der Müllverbrennung entsorgt werden. Das DHB sprach darüber mit Peter Braeuning, dem Landesinnungsmeister des Dachdeckerhandwerks für das Saarland.

DHB: Die Einstufung von HBCD-haltigen Polystrol-Dämmplatten als gefährlicher Abfall hatte ab Oktober 2016 bundesweit zu einem Entsorgungsnotstand geführt. Was war da schiefgelaufen?
Braeuning: In der Tat kam diese Verordnung für alle Betroffenen, vor allem die Zimmerer und Dachdecker, buchstäblich wie „Kai aus der Kiste“. Es war eine bürokratische „Glanzleistung“ erster Güte! Wir als Verarbeiter wussten ja gar nicht, dass die Dämmstoffplatten bis etwa 2013 mit diesem Flammschutzmittel ausgerüstet waren. Bis dahin wurden die ausgebauten Platten problemlos in allen Verbrennungsanlagen entsorgt. Wir hatten Null Information und überhaupt keine Vorwarnzeit, um uns darauf vorzubereiten. Die neue Lage bei der Entsorgung kam überfallartig auf uns zu. Die Containerbetriebe weigerten sich –  verständlicherweise – wie bisher diese Abfälle abzunehmen, weil sie sie nicht mehr zur nächsten Verbrennungsanlage bringen konnten. Also mussten die weiterhin bei Baumaßnahmen anfallenden Mengen zunächst mal aufwändig und kostentreibend zwischengelagert werden. Wir hatten buchstäblich einen Entsorgungsnotstand. Völlig unverständlich, dass man aus seinerzeitigen Asbestentsorgung nichts gelernt hatte, das lief nämlich geordnet ab. Alle Beteiligten wussten damals, wie es geht.

DHB: Mit der „Verordnung zur Überwachung von nicht gefährlichen Abfällen mit persistenten organischen Schadstoffen (kurz POPs), die am 1. August 2017 in Kraft getreten ist, sollen diese Probleme dauerhaft und bundeseinheitlich gelöst werden. Wie sind Ihre ersten Erfahrungen bisher? Wie sieht die Kostenseite aus?
Braeuning: Wir hatten ja nach dem Entsorgungsnotstand ab 1. Januar 2017 ein Moratorium für ein Jahr bekommen, also bis zum Jahresende 2017. Das Saarland hatte übrigens verlangt, alles in den ursprünglichen Zustand zurückzuversetzen. Die neue Lage bedeutete, dass wieder in den Verbrennungsanlagen entsorgt werden konnte. Privat betriebene Anlagen sind daran aber nicht interessiert, müssen auch nicht annehmen. Wo die öffentliche Hand drin ist wie in Velsen, wird entsorgt. Der bürokratische Aufwand hat allerdings zugenommen. Auch für die Container-Betriebe, die sich voranmelden müssen und oft lange Standzeiten bis zur Abfertigung haben. Das treibt die Preise nach oben. Es scheinen alle Beteiligten hinzulangen. Und das ist unsere große Kritik. Es besteht überhaupt keine Preisklarheit mehr. Wenn nach Tonne abgerechnet wird (alte Platten haben sich oft mit Wasser vollgesogen) wird’s richtig teuer: Im Saarland sehe ich derzeit pro Tonne eine Bandbreite von rund 300 bis 3000 Euro.

DHB: Welche Erwartungen und Forderungen haben Sie an die Vollzugsbehörden bezüglich einer praxisnahen Umsetzung der Verordnung?
Braeuning:  Der Verordnungsgeber ist für mich in der Pflicht, für ausreichende Kapazitäten zu sorgen. Er hat auch die Entsorgungswege zu garantieren – und das ohne sie zu bürokratisieren und zu verteuern.

DHB: Welche Empfehlungen geben Sie den Betrieben?
Braeuning: Ich rate den Kollegen dringend, sich für Ihre Angebote Preisklarheit von den Entsorgern geben zu lassen. Das heißt, schriftliche Angebote einholen und diese vertraglich festklopfen. Denn der Kunde will und braucht auch hier Klarheit bei der Auftragserteilung. Wer das versäumt, bliebt womöglich nachher auf den hohen Entsorgungskosten sitzen. Viele Kunden haben übrigens für die horrende Verteuerung der Entsorgung keinerlei Verständnis!     

 

Weitere Informationen zur Abfallentsorgung erhalten Sie beim Saar-Lor-Lux Umweltzentrum:

Berater für Umwelt- und Energiemanagement im Saar-Lor-Lux Umweltzentrum Dr. Stephan Hirsch (Tel.: 0681/5809209, E-Mail: s.hirsch@hwk-saarland.de)
Saar-Lor-Lux Umweltzentrum - Umweltberatung