Die Bibliothek trägt die Handschrift der Schüler


Foto: ©Herbert Jacob Der ehemalige Schulleiter des TWG Dillingen Herbert Jacob

Herbert Jacob hat 20 Jahre das Technisch-Wissenschaftliche Gymnasium in Dillingen geleitet. In einer handwerklichen Laufbahn sieht er eine echte Alternative zum Hochschulstudium.
 
Herbert Jacob ist ehemaliger Schulleiter des Technisch-Wissenschaftlichen Gymnasiums (TWG) in Dillingen. Auch nach seinem Eintritt in den Ruhestand hat er das Projekt einer Gruppe von Schülerinnen und Schülern rund um den Bau einer neuen Schulbibliothek weiter begleitet. Im DHB-Interview spricht er darüber, was das Projektteam aus der Erfahrung mitnehmen konnte und welche Herausforderungen es während des Projektes zu meistern galt.
DHB: Herr Jacob, die Teilnahme am Wettbewerb „Mach was!“ war für das TWG Dillingen eine Premiere. Wie kam es zu der Entscheidung, mit dem Konzept für eine neue Schulbibliothek an den Start zu gehen?
Jacob: Die Idee zur Teilnahme am Wettbewerb hatte mein Kollege Martin Löw. Er ist als Lehrwerkmeister der Leiter unseres Praktikums. Die Idee zur Einbindung unserer Schülerinnen und Schüler bei der Einrichtung der neuen Schülerbibliothek entstand schon vor einem Jahr. Vorher hatten wir mit solchen gemeinsamen Aktionen der Schulgemeinschaft schon sehr gute Erfahrungen gemacht. Die Bibliothek im Neubau sollte etwas Besonderes werden, passend zu unseren Schülerinnen und Schülern, die alle schon junge Erwachsene sind. Sie sollten sich damit identifizieren können. Mit fertigen Standard- Möbeln aus dem Katalog geht das nicht.
DHB: Sie haben das Projekt von Anfang an begleitet. Welche neuen Kompetenzen haben die Schülerinnen und Schüler bei der Arbeit an der Bibliothek entwickelt?
Jacob: Am Anfang gab es einen leeren Raum von knapp 90 Quadratmetern. Die Tische und Regale mussten geplant werden, es gab nur die Vorgabe, möglichst wenige verschiedene Einzelteile und als Material lediglich Massivholz und Metall zu verwenden. Die daraus entstandenen Entwürfe mussten mit dem Schreiner auf ihre Umsetzbarkeit abgestimmt werden. Dabei spielte auch die Frage des wirtschaftlichen Einsatzes von Material, Maschinen und Arbeitskraft eine wichtige Rolle. Schließlich mussten die Komponenten mit eigenem Zutun handwerklich gefertigt werden. Die Forderung nach Arbeitsabläufen und das Zusammenspiel im Team waren wichtige Erfahrungen für die jungen Leute. Im „normalen“ Unterricht wird das nutzen.
DHB: Was konnten die Mitglieder des Projektteams in persönlicher Hinsicht daraus mitnehmen?
Jacob: Die Erfahrung, wie aus einer Idee in gemeinschaftlicher Arbeit schließlich das fertige Produkt entstanden ist, an dem man einen ganz persönlichen Anteil besitzt, ist ein tolles Gefühl. Zu erleben, wie viel Vorbereitung, überlegtes Planen und Rechnen und wie viele Arbeitsstunden in dem Werk stecken, bleibt sicher bei allen Beteiligten haften. An der Innenseite eines Sockelelementes haben übrigens alle Beteiligten ihren Namen „verewigt“ – als Beleg für ihr Werk. Gut für die Seele…
DHB: Was waren die größten Herausforderungen bei der Umsetzung?
Jacob: Eigentlich gab es keine großen Probleme – außer COVID-19! Sowohl im Kollegium und erst recht bei den Schülerinnen und Schülern kam die Idee zum „Selbermachen“ gut an und mit Sebastian Corea als Schreinermeister hatten wir auch gleich einen hochmotivierten Mitstreiter gewonnen. Der Schulträger als Geldgeber wurde informiert und hatte keine Einwände.
DHB: Wie lief die Zusammenarbeit mit der Schreinerei in Wadgassen ab?
Jacob: Reibungslos! Sebastian Corea ist ein junger Handwerksmeister, der es bestens verstand, die Schülerinnen und Schüler bei allen Arbeitsschritten mitzunehmen, unermüdlich erklärte, auf die Sicherheitsregeln hinwies und einen exzellenten Einblick in das Innenleben eines Handwerksbetriebes gab.
DHB: Würden Sie sagen, dass die am Projekt beteiligten Schülerinnen und Schüler das Handwerk nach der Projektarbeit mit anderen Augen sehen?
Jacob: Unbedingt! Die eigenen Erfahrungen beim Arbeiten in der Werkstatt und die vielen Erzählungen von Sebastian Corea haben das Bild des Handwerkers bei etlichen Schülerinnen und Schülern sicher neu entstehen lassen. Es gab neben vielen „schönen Dingen“ natürlich auch weniger positive Erkenntnisse. Etwa die Konsequenzen, wenn durch ungenaues Arbeiten teurer Ausschuss produziert wird oder dass ein ganzer Arbeitstag mit Termindruck auch stressig sein kann.
DHB: Ist aus Ihrer Sicht eine handwerkliche Laufbahn für ihre Abiturientinnen und Abiturienten genauso erstrebenswert wie ein akademischer Werdegang?
Jacob: Diese Linie hat am TWG von Anfang an Tradition und ist in unserem Schulprofil integriert. Viele unserer Schülerinnen und Schüler absolvieren nach dem Abitur eine Ausbildung, einige wechseln mit dieser wichtigen Praxis-Erfahrung anschließend an die Hochschule.
DHB: Vielen Dank für das interessante Gespräch Herr Jacob!