Kfz-Technikermeisterin Wendels: „Es hilft, ein paar gute Sprüche draufzuhaben“


Claudia Wendels vor einer Treppe

Kraftfahrzeugtechnikermeisterin Claudia Wendels | Foto: © Jennifer Weyland

Claudia Wendels wurde mit vielen Vorurteilen konfrontiert, als sie sich nach dem Abitur für eine Ausbildung im Handwerk entschied. Heute würde sie es noch einmal genauso machen.
Claudia Wendels hat an der Saarländischen Meister- und Technikerschule (SMTS) eine Weiterqualifizierung zur Kraftfahrzeugtechnikermeisterin absolviert. Im Interview mit dem Deutschen Handwerksblatt (DHB) gibt die Sprecherin des diesjährigen Absolventenjahrgangs der SMTS anderen Nachwuchsfachkräften Ratschläge für ihre berufliche Zukunft mit auf den Weg und nennt Gründe, weshalb die Kfz-Berufe keine reine Männerdomäne bleiben sollten.
 
DHB: Frau Wendels, wie reagierte Ihr Umfeld als Sie nach Ihrer bestandenen Abiturprüfung 2008 verkündeten, eine Ausbildung zur Kfz-Mechatronikerin zu absolvieren?
Wendels: Ein großes Glück war für mich der Rückhalt meiner Familie, die mich immer ohne Einwände unterstützt hat. Etwas anders sahen leider die Reaktionen meiner Bekannten und Schulfreunde aus. Viele Gleichaltrige konnten meine Entscheidung nicht verstehen. Ich wurde damals mit diversen Vorurteilen konfrontiert. Fragen wie: „Wie kannst Du mit Abitur eine Ausbildung im Handwerk machen?“ oder „Weshalb ausgerechnet Kfz-Mechatronikerin? Das ist doch ein typischer Männerberuf?!“ bekam ich ständig zu hören. Leider haften einer Ausbildung im Handwerk immer noch diverse Vorurteile und Klischees an. Das ist schade, denn erstens übersehen viele dadurch die Chancen, die eine handwerkliche Ausbildung bietet und machen sich vielleicht auch nicht unbedingt Gedanken darüber, wie die Welt ohne das Handwerk aussehen würde. Mit der Zeit hat sich die Einstellung einiger Freunde und Bekannten zu meiner Überraschung allerdings zum Positiven geändert, da sie erstens beobachten konnten, wie ich mich in meinem Beruf wohlgefühlt und positiv entwickelt habe und viele von ihnen später selbst in eine Ausbildung mit höherem Praxisanteil gewechselt sind.
 
DHB: Wie Sie eben bereits sagten, gelten Kfz-Berufe auch heute noch als klassische Männerdomäne. Wie lernt und arbeitet es sich heute als Frau in dem von Ihnen gewählten Beruf?
Wendels: Dazu eins vorab: Ich konnte meine Ausbildung in einem tollen Betrieb absolvieren, der mit mir erstmals einen weiblichen Azubi aufnahm. Ich wurde dort völlig vorurteilsfrei ins Team aufgenommen und meine Ausbilder haben mir eine klasse Lehrzeit ermöglicht. Generell habe ich immer gerne mit Männern zusammengearbeitet. Fakt ist aber, dass es in einer Gruppe mit so vielen Jungs hilfreich ist, ein paar gute Sprüche drauf zu haben und schlagfertig zu sein, wenn der Ton mal rauer wird. Interessant ist, dass sich das Miteinander in der Gruppe durchaus positiv verändern kann, sobald eine Frau ins Team kommt. Die Jungs verkneifen sich dann den ein oder anderen unpassenden Witz und das kann dem gesamten Arbeitsklima guttun. Außerdem habe ich festgestellt, dass sich Kundinnen in Beratungsgesprächen mit mir oft weniger unsicher gefühlt haben und die Scheu vor technischen Themen verloren haben.
 
DHB: Wie haben Sie die Kurse der Meisterqualifizierung an der SMTS empfunden? Was hat Sie besonders angesprochen?
Wendels: Die Meisterqualifizierung ist eine Herausforderung in Sachen Zeitmanagement. Gerade vor diesem Hintergrund habe ich die Flexibilität an der SMTS sehr geschätzt. Die Kurse können teilweise in Vollzeit und teilweise in Abendform belegt werden. Dadurch lässt sich der Stundenplan sehr gut an die eigene Lebensform anpassen. Ein weiterer Vorteil war für mich, dass ich voll auf die Unterstützung meines Arbeitgebers zählen konnte. Dank dieser guten Rahmenbedingungen konnte ich diese Zeit gut meistern. Sehr geschätzt habe ich an der SMTS außerdem, dass unsere Lehrbeauftragten in der Regel aus dem Handwerk kamen und uns daher bei schwierigen oder unbekannten Situationen im Berufsalltag immer fundiert und praxisnah Rede und Antwort stehen konnten.
 
DHB: Das Thema Weiterbildung zieht sich wie ein roter Faden durch Ihren Lebenslauf. In Wochenendkursen haben Sie die Zusatzqualifikation „Betriebsassistentin im Handwerk“ erlangt und sich für die Weiterqualifizierung zur Meisterin entschieden. Wie wichtig ist es aus Ihrer Sicht für Nachwuchsfachkräfte in den Kfz-Berufen und im Handwerk allgemein, immer wieder Neues dazuzulernen?
Wendels: Ohne Weiterbildung geht es nicht. Ich sehe sie als Sprungbrett zu neuen Aufgaben und Verantwortungsebenen. Vor Kurzem hat mein Arbeitgeber mir intern eine Fortbildung zur „Zertifizierten Schadensgutachterin“ ermöglicht, die ich erfolgreich abgeschlossen habe. Egal ob in den Kfz-Berufen oder in jedem anderen Bereich gilt für mich: Man muss mit neuen technischen Entwicklungen Schritt halten und am Ball bleiben. Sonst rauscht die Zukunft an einem vorbei und man verpasst den Anschluss. Junge Fachkräfte, die sich von der Masse abheben und ihre beruflichen Ziele verwirklichen möchten, sollten ihre Kompetenzen stetig erweitern und vertiefen. Das macht ja auch Spaß.
 
DHB: Sie sind Jahrgangssprecherin des Meisterjahrgangs 2019 und haben auf der diesjährigen Meisterfeier stellvertretend für alle saarländischen Jungmeisterinnen und -meister eine Rede gehalten. Welche drei Ratschläge geben Sie den Mitgliedern Ihres Jahrgangs mit auf den Weg?
Wendels: Mir fallen spontan sogar vier Tipps ein, die ich alle nenne, wenn ich darf.
 
DHB: Selbstverständlich.
Wendels: Erstens: Geht an jede neue Herausforderung und Aufgabe mit Spaß heran! Das ist das Wichtigste. Zweitens: Schaut optimistisch in die Zukunft! Mein dritter Tipp: Handelt mutig und traut Euch, alte Muster infrage zu stellen und mit neuen Ideen zu durchbrechen! Und zu guter Letzt mein vierter und letzter Ratschlag, der gerade in Coronazeiten wichtiger denn je ist: Achtet darauf, dass Ihr gesund bleibt!
 
DHB: Und jetzt zurück zu Ihnen. Welche Ziele haben Sie sich für Ihre eigene Zukunft noch gesetzt?
Wendels: Aktuell brenne ich darauf, all das, was ich in meiner letzten Fortbildung gelernt habe, in die Praxis umzusetzen und in diesem Bereich so viel Erfahrung zu sammeln wie möglich. Die nächsten Ziele kommen dann sicher von ganz allein.
 
DHB: Herzlichen Dank für das interessante Gespräch, Frau Wendels.