„Mitarbeiter freizustellen lohnt sich auch für Handwerksunternehmen“


DHB-Interview mit dem Ortsbeauftragten des THW Sebastian Ziaja
 
Seit über 20 Jahren engagiert sich Sebastian Ziaja beim Technischen Hilfswerk (THW). Durch sein Ehrenamt arbeitet er regelmäßig mit Handwerkerinnen und Handwerkern aus unterschiedlichen Gewerken zusammen.

Sebastian Ziaja unterrichtet Informatik und Mathematik an einem rheinland-pfälzischen Gymnasium. Ehrenamtlich steuert er die Arbeit des Ortsverbandes Saarbrücken beim Technischen Hilfswerk (THW). Im Interview spricht er über die Vorteile, die das ehrenamtliche Engagement von Handwerkerinnen und Handwerkern nicht nur für die Fachkräfte selbst, sondern auch für deren Unternehmen bedeutet.

DHB: Welche Rolle spielt der Einsatz ehrenamtlich tätiger Handwerkerinnen und Handwerker für die Arbeit des THW?
Ziaja: Wir arbeiten beim THW sowohl mit jungen Handwerkerinnen und Handwerkern zusammen, die noch ganz am Anfang ihrer Berufslaufbahn stehen und dabei sind, ihren Beruf zu erlernen, als auch mit erfahrenen Fachkräften, die unsere Arbeit mit ihrer Expertise unterstützen. Ganz unabhängig davon, an welchem Punkt ihrer Karriere unsere Helfer stehen, schätzen wir das Engagement von Handwerkerinnen und Handwerkern sehr. Sie besitzen aufgrund ihrer praxisnahen und facettenreichen Ausbildung nicht nur wertvolles Wissen und Kompetenzen, sondern auch die Flexibilität und das Improvisationstalent, das es für viele unserer Einsätze braucht.

DHB: Wo kommen Handwerkerinnen und Handwerker für das THW zum Einsatz?
Ziaja: Grundsätzlich ist es durchaus möglich, dass unsere Helfer eine Doppelrolle einnehmen, sprich, dass sie als Helferinnen und Helfer Einsätze vor Ort übernehmen und gleichzeitig andere zu bestimmten Themen schulen. Natürlich ist es aber auch möglich, sich beim THW nur in einzelnen Bereichen einzubringen oder sich statt in Einsätzen vor Ort in Bereichen wie der Verwaltung zu engagieren. Beim Einsatz unserer Freiwilligen berücksichtigen wir immer deren Neigungen und Interessen. Niemand soll bei uns eine Aufgabe übernehmen, die ihm nicht liegt oder für die er sich nicht interessiert. Die Einsätze vor Ort sind sehr vielseitig. So hat das THW beispielsweise im April 2020 in Ottweiler im Rahmen eines Notfallkonzepts ein Notversorgungszentrum gemäß den geltenden Corona-Regelungen ausgestattet, in denen bei einer Überlastung der örtlichen Krankenhäuser Patienten hätten unterkommen können. Glücklicherweise wurde dieses nicht benötigt. Wichtig ist dennoch, dass sie im Ernstfall zur Verfügung gestanden hätte. Bei der Ausstattung waren verschiedene Gewerke aus dem Handwerk beteiligt. Auch beim Ausbau der Impfzentren waren wir deutschlandweit beteiligt und haben zum Beispiel neben logistischen Aufgaben, Zuleitungen für Strom und Wasser verlegt.

DHB: Würden Sie sagen, dass die ehrenamtliche Tätigkeit beim THW jungen Fachkräften die Chance bietet, besser in ihrem eigenen Handwerk zu werden?
Ziaja: Selbstverständlich! Einerseits können unsere Helferinnen und Helfer ihre Expertise durch die praktischen Einsätze verbessern, bei denen sie versierter und sicherer werden. Andererseits finden sowohl in den Ortsverbänden als auch auf Regional- und Bundesebene regelmäßig Fortbildungen zu Themen wie Telekommunikationstechnik statt, die für die Helferinnen und Helfer kostenlos sind. Unternehmen, die ihre Auszubildenden oder Mitarbeiter für die Fortbildungen freistellen, erhalten außerdem für die Abwesenheit des Mitarbeiters einen Verdienstausgleich. Dasselbe gilt, wenn sie den Mitarbeiter für praktische Einsätze freistellen.

DHB: Gibt es noch weitere Kompetenzen beziehungsweise Soft Skills, die Ehrenamtliche bei Ihnen erwerben können?
Ziaja: Ja, sogar sehr viele. Man kann sich bei uns unter anderem zum Ausbilder weiterqualifizieren. So stehen zum Beispiel Lehrgänge zum Ausbilder für Abstützsysteme Holz (ASH) oder Ausbilder für Einsatzgerüstsysteme (EGS) allen Interessierten offen. Das Tolle dabei ist, dass diese Weiterqualifizierungen zertifiziert sind und in der Folge auch bei den Arbeitgebern unserer Helfer im täglichen Arbeitsleben Profit finden können. Viele Unternehmen profitieren also durchaus indirekt, wenn einer ihrer Mitarbeiter unser Weiterbildungsangebot nutzt. Im Bereich Soft Skills bieten wir außerdem Seminare zu Themen wie Menschenführung, Mediation oder psychischer Nachsorge für Unfallgeschädigte an.

DHB: Wie steht es um den Nachwuchs beim THW?
Ziaja: Wir investieren seit Jahren viel in die Jugendarbeit, und das durchaus erfolgreich. Dennoch freuen wir uns auch immer über Neuzugänge, die unsere Arbeit mit ihren Sichtweisen und ihrer Expertise bereichern. Bei uns ist jede und jeder willkommen, der sich engagieren möchte. Einer unserer Helfer ist von Beruf LKW-Fahrer, möchte aber beim THW bewusst ganz andere Aufgaben übernehmen. Wir geben ihm diese Möglichkeit gerne.

DHB: Was muss man mitbringen, um sich beim THW zu engagieren?
Ziaja: Sich bei uns zu engagieren, bedeutet ein hohes Maß an Verantwortung zu übernehmen. Deshalb ist es uns sehr wichtig, dass Interessierte ein ehrliches Interesse an unserer Arbeit haben und sich mit unserem Leitbild identifizieren können. Außerdem gehört die Bereitschaft dazu, bei uns eine mindestens sechsmonatige Grundausbildung zu absolvieren, deren Inhalte im Ortsverband mit einer Abschlussprüfung getestet werden. Wer bei den Einsätzen mit dabei sein möchte, muss außerdem eine gesundheitliche Eignung nachweisen können.

DHB: Vielen Dank für das interessante Gespräch, Herr Ziaja.

Foto: Becker&Bredel