Wirtschaftsstaatssekretär Barke: „Meisterbrief ist Qualitätssiegel und Garant für Verbraucherschutz“


Ein Mann steht an einer Treppe und lächelt

© Kerkrath

Interview mit dem Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, Jürgen Barke.
Jürgen Barke, Staatsekretär im Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Energie und Verkehr, erklärt, die saarländische Landesregierung werde sich der Diskussion um eine „Rückvermeisterung“ von Handwerksberufen nicht verschließen.

DHB: Herr Staatssekretär Barke, 2004 wurde die Handwerksordnung novelliert. Zahlreiche Handwerksberufe wurden aus der Meisterpflicht herausgenommen. Wie hat sich dies Ihrer Meinung nach auf die Saarwirtschaft ausgewirkt?
Barke: Die Novellierung der Handwerksordnung hatte unter anderem das Ziel, Existenzgründungen im Handwerk zu erleichtern und so zusätzliche Arbeitsplätze zu schaffen. Zwar ist die Zahl der Unternehmensgründungen in der Folge tatsächlich angestiegen, allerdings sind das größtenteils Ein-Personen-Unternehmen. Wir stellen auch fest, dass Gründungen in den 41 Handwerken mit Meisterpflicht wesentlich stabiler sind als solche in zulassungsfreien Handwerken. Auch die Ausbildungsleistung in den nun ‚meisterfreien‘ Handwerken ist drastisch zurückgegangen. Viele der Unternehmen bilden kaum oder gar nicht mehr aus.
 
DHB: Das Thema „Rückvermeisterung“ ist zurzeit in der politischen Diskussion. Wie steht die saarländische Landesregierung zu diesen Überlegungen?
Barke: Wir haben im Saarland den Aufstiegsbonus auf den Weg gebracht, um das Engagement und die Mühe anzuerkennen, die Handwerkerinnen und Handwerker aufbringen, um den Meisterbrief zu erarbeiten. Sie werden damit qualifizierte Unternehmer und bilden qualifiziert aus - genau das, was wir in der saarländischen Wirtschaft brauchen. Die erwähnten instabilen Unternehmensgründungen und die zurückgehenden Ausbildungszahlen können nicht im Interesse einer nachhaltigen Mittelstandspolitik sein. Deshalb werden wir uns einer Überprüfung der Möglichkeiten zur Wiedereinführung der Meisterpflicht in ausgewählten Handwerken nicht verschließen.
 
DHB: Welchen Stellenwert misst die Landesregierung grundsätzlich dem handwerklichen Meisterbrief bei?
Barke: Die Landesregierung misst dem Meisterbrief einen hohen Stellenwert bei. Er ist Ausdruck einer fundierten Berufsausbildung. Er erleichtert den Weg in die Selbständigkeit, da er auch betriebswirtschaftliche Kenntnisse umfasst. Er ist grundsätzliches Qualitätssiegel und Garant für den Verbraucherschutz. Der Meisterbrief ist sozusagen eine „Unternehmerausbildung“ par excellence.
 
DHB: Laut einer jüngst veröffentlichten Studie der Bertelsmann-Stiftung ist das Saarland in Sachen beruflicher Weiterbildung im Bundesvergleich Schlusslicht. Wie können die Saarländer stärker zur beruflichen Weiterbildung motiviert werden?
Barke: An Angeboten fehlt es nicht, aber hier können wir noch besser werden. Gerade vor dem Hintergrund der Digitalisierung und eines sich rasch wandelnden Arbeitsumfeldes wird das lebenslange Lernen weiter an Bedeutung gewinnen. Für das Handwerk spielt insbesondere das Thema Aufstiegsfortbildung eine gewichtige Rolle. Mit dem neuen Aufstiegsbonus in Höhe von 1.000 Euro haben wir einen starken Anreiz geschaffen, sich beruflich fortzubilden und die eigene Qualifikation zu stärken.
Aber auch die Unternehmen selbst sind gefordert, die Qualifizierung ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu fördern. Wir als saarländisches Wirtschaftsministerium unterstützen sie dabei. Wir haben in den letzten Jahren zahlreiche Maßnahmen initiiert oder verbessert, um die Weiterbildungsbeteiligung im Land zu erhöhen. Zu nennen sind hier die Förderprogramme Kompetenz durch Weiterbildung (KdW), das Programm zur Förderung der Weiterbildung in Großunternehmen, die Weiterbildungsberatung für kleine und mittlere Unternehmen oder das saarländische Bildungsfreistellungsgesetz.
 
DHB: Für die Zukunft des Standorts Saarland spielen gut qualifizierte Fachkräfte eine wichtige Rolle. Welchen Beitrag leistet die Landesregierung bei der Sicherung der Fachkräfteversorgung in den kommenden Jahren?
Barke: Die Auszubildenden von heute sind die Fachkräfte von morgen! Wir können im Wettbewerb mit anderen Regionen nur bestehen, wenn wir besser und schneller sind als unsere Konkurrenz. Dazu brauchen wir gut ausgebildete und qualifizierte Fachkräfte. Allerdings haben Unternehmen in bestimmten Branchen und Regionen bereits heute Schwierigkeiten, qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu finden. Daher hat die Förderung der beruflichen Aus- und Weiterbildung für die Landesregierung einen besonderen Stellenwert.
So fördert die Landesregierung die Bildung im Handwerk - wie z.B. die überbetriebliche Lehrlingsunterweisung (ÜLU) oder die Nachwuchswerbung - mit jährlich rund 1 Mio. Euro. Darüber hinaus unterstützt das Wirtschaftsministerium die bei der HWK angesiedelten Projekte „Ausbildungscoaches“ und „Migrationscoaches“, um mehr jungen Menschen eine Ausbildung im Handwerk zu ermöglichen. Dieses Ziel verfolgt im Übrigen auch unser Programm „Ausbildung jetzt“. Außerdem machen wir, wie gesagt, mit dem neuen Aufstiegsbonus die berufliche Bildung noch attraktiver.
Um die Fachkräfteversorgung in den kommenden Jahren nachhaltig zu sichern, brauchen wir einen engen Schulterschluss von Politik, Wirtschaft und Gewerkschaften. Deshalb haben sich die Partner im „Zukunftsbündnis Fachkräfte Saar“ unter Federführung des Wirtschaftsministeriums zusammengeschlossen. Ziel ist es, Männern und Frauen, Jüngeren und Älteren sowie Personen mit Migrationshintergrund bessere Arbeitsmarkt- und Teilhabechancen zu eröffnen und so gleichzeitig auch einen Beitrag zur Deckung des Fachkräftebedarfs unserer Wirtschaft zu leisten.