Saarhandwerk trotzt Corona-Krise


Vier Männer mit Maske in der Handwerkskammer des Saarlandes

© Weyland

HWK-Präsident Bernd Wegner: „Die Ergebnisse unserer Konjunkturumfrage stimmen uns zuversichtlich."
HWK-Präsident Bernd Wegner: „Die Ergebnisse unserer Konjunkturumfrage stimmen uns zuversichtlich. Allerdings sind wir noch nicht über den Berg. Jetzt kommt es darauf an, weiter konsequent die Hygieneregeln einzuhalten und die Fachkräfteversorgung auch in Krisenzeiten zu sichern“.
 
Nach dem Corona-bedingten Einbruch im Frühjahr hat sich das Konjunkturklima im saarländischen Handwerk verbessert. Das zeigen die Ergebnisse der Herbst-Konjunkturumfrage der Handwerkskammer des Saarlandes (HWK). Zwar bleibt die Beurteilung der Umsatz- und Auftragsentwicklung hinter der des Vorjahresherbstes zurück, die Stimmung im Saarhandwerk hat sich aber verglichen mit dem Frühjahr 2020 aufgehellt. Verhalten blicken die Betriebsinhaber auf die kommenden Monate.
 
„Die Ergebnisse unserer Herbst-Konjunkturumfrage belegen, dass sich die Lage im Handwerk im Vergleich zum Frühjahr wieder verbessert hat. Eine derart rasche Erholung hätten vor einem halben Jahr wohl nur die wenigsten für möglich gehalten. Damals wurde das Handwerk in seiner ganzen Breite, wenn auch branchenunterschiedlich stark, von der Corona-Krise getroffen. Insgesamt zeigen die aktuellen Umfrageresultate, dass sich das saarländische Handwerk in der Krise als vergleichsweise robust erwiesen hat. Gleichwohl sind Einschnitte sichtbar. Für das Gesamtjahr 2020 wird man wohl von Umsatzeinbußen ausgehen müssen“, fasst Wegner die derzeitige Lage zusammen.
 
„Unsere Betriebe haben sich rasch an die besonderen neuen Rahmenbedingungen der Pandemie angepasst und entsprechende Hygienekonzepte zur Minimierung des Infektionsrisikos für Mitarbeiter und Kunden umgesetzt. Jetzt gilt es, diese eingespielten Prozesse weiter konsequent durchzuhalten“, betont der HWK-Präsident. Er mahnt aber auch: „Wir sind noch nicht über den Berg. Unsere Mitgliedsbetriebe spüren einerseits eine Verbesserung. Doch gleichzeitig sorgen aktuell steigende Infektionszahlen für eine gewisse Verunsicherung. Die wirtschaftliche Erholung wird auch davon abhängen, wie sich das Infektionsgeschehen weiterentwickelt. Diese Pandemie ist kein Sprint. Wir werden die mit ihr verbundenen Herausforderungen vermutlich noch einige Zeit weiter meistern müssen. Einen zweiten Lockdown gilt es zu verhindern. Die Einhaltung der Hygieneregeln ist dafür eine wichtige Voraussetzung“.
 
Das Handwerk habe sich in der Krise als Stütze der regionalen Wirtschaft erwiesen, ergänzt der kommissarische HWK-Hauptgeschäftsführer Bernd Reis. „Dass, wie die Umfrage zeigt, die Mehrzahl der Betriebe an ihrer Belegschaft festhält oder sogar zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen hat, stimmt zuversichtlich. Trotz Krise sind handwerkliche Fachkräfte gefragt. Uns ist sehr daran gelegen, dass qualifizierte Handwerkerinnen und Handwerker dem Saarland als Fachkräfte erhalten bleiben. Sie werden dringend gebraucht. Auch stehen in den nächsten Jahren zahlreiche Handwerksbetriebe zur Übernahme an“, bekräftigt Reis. Für Schulabsolventen und Berufsneuorientierer biete das Handwerk in zahlreichen Gewerken nach wie vor hervorragende Berufsmöglichkeiten und Aufstiegschancen, betont Bernd Reis. „Die HWK-Ausbildungscoaches unterstützen Schüler, Studienaussteiger, Personen, die sich beruflich neu orientieren möchten, oder Migranten und Geflüchtete bei der Suche nach einem passenden Orientierungspraktikum oder Ausbildungsplatz und beraten bei allen Fragen zur Ausbildung und Karriere“, informiert der kommissarische HWK-Hauptgeschäftsführer.
 
Handwerksunternehmer Peter Arimond bildet in seinem Unternehmen, der Zweiradtechnik Arimond GmbH in Merzig, sechs Lehrlinge aus, davon vier zum Zweiradmechatroniker und zwei in kaufmännischen Berufen. „Die handwerkliche Arbeit am Motorrad fasziniert meine Auszubildenden“, betont der Kraftfahrzeugtechnikermeister. Die Zukunftschancen eines ausgebildeten Zweiradmechatronikers beschreibt Arimond als sehr gut. Qualifizierte Fachkräfte seien immer gesucht. Auch böten sich in diesem Beruf hervorragende Karrieremöglichkeiten. „Aufgrund der rasant fortschreitenden technischen Entwicklung geht es in unserem Gewerk ohne Weiterbildung nicht. Sich mit neuer Technologie wie Assistenzsystemen oder optimierten Motoren zu befassen, macht aber auch den Reiz unseres Berufs aus“, ergänzt Peter Arimond.
 

Lage im dritten Quartal 2020

Die befragten Handwerksunternehmen bewerten ihre Geschäftslage im dritten Quartal vergleichsweise positiv. 81 Prozent (Herbst 2019: 94 Prozent) sprachen von einem guten (46 Prozent) oder befriedigenden (35 Prozent) Geschäftsverlauf. Schlecht liefen die Geschäfte bei 19 Prozent der Betriebe (Herbst 2019: 6 Prozent). Dieser Stimmungsindikator liegt zwar deutlich unter dem Vorjahreswert. Seit dem Frühjahr hat sich die Stimmung jedoch wieder spürbar verbessert.
 
Einen leichten Rückgang gab es bei der Nachfrage nach handwerklichen Leistungen. 32 Prozent der Betriebe (Herbst 2019: 22 Prozent) verbuchten einen Rückgang bei den Aufträgen. Bei immerhin 27 Prozent (Herbst 2019: 30 Prozent) füllten sich hingegen die Auftragsbücher. 41 Prozent (Herbst 2019: 48 Prozent) sprachen von einem stabilen Auftragsbestand.
 
Insgesamt 65 Prozent der Betriebe (Herbst 2019: 77 Prozent) berichteten von einer positiven oder stabilen Umsatzentwicklung. 24 Prozent (Herbst 2019: 27 Prozent) der Unternehmen schlossen das dritte Quartal mit einem Umsatzplus ab. 36 Prozent (Herbst 2019: 23 Prozent) beklagten rückläufige Umsatzzahlen.
Die Auftragsreichweite bewegte sich leicht unter dem Herbstniveau des Vorjahres. So reichten die Aufträge im Schnitt für 8,1 Wochen (Herbst 2019: 8,5 Wochen). Die Auslastung der betrieblichen Kapazitäten lag im Gesamthandwerk bei durchschnittlichen 77 Prozent, sechs Prozentpunkte unter dem Herbstwert des Vorjahres. 31 Prozent der Unternehmen konnten ihre Kapazitäten zu mehr als 90 Prozent auslasten. Der Anteil der Betriebe, die höchstens bis zur Hälfte ihrer Betriebskapazitäten ausgelastet waren, lag bei 13 Prozent (Herbst 2019: 3 Prozent).
 
Die Mehrheit der Betriebe hält an der Zahl ihrer Mitarbeiter fest. Zwei Drittel (Herbst 2019: 67 Prozent) hielten ihren Personaleinsatz stabil und sogar 16 Prozent (Herbst 2019: 19 Prozent) gaben an, zusätzliches Personal eingestellt zu haben. Bei 18 Prozent (Herbst 2019: 13 Prozent) verringerte sich die Mitarbeiterzahl. Damit bleibt die Beschäftigungsentwicklung im Saarhandwerk weitestgehend konstant.
 

HWK-Geschäftsklimaindex

Der HWK-Geschäftsklimaindex, der neben der aktuellen Geschäftslage auch die Zukunftserwartungen der Betriebe beinhaltet, verdeutlicht die rasche Erholung. Nach einem drastischen Einbruch im Frühjahr 2020 um 52 Punkte im Vergleich zum Herbst 2019 steigt der Indexwert aktuell um 41 auf insgesamt 109 Punkte. Die Verunsicherung bezüglich der Auswirkungen der Krise im Handwerk scheint sich während der Sommermonate vermindert zu haben.
 

Erwartungen an das vierte Quartal

Die saarländischen Handwerksbetriebe blicken zurückhaltend auf das vierte Quartal 2020. 16 Prozent der Betriebe (Herbst 2019: 15 Prozent) gehen von einer Verbesserung ihrer Geschäftslage in den kommenden Monaten aus. Hingegen befürchten 22 Prozent (Herbst 2019: 17 Prozent) eine Verschlechterung. Somit erwarten insgesamt 78 Prozent (Herbst 2019: 83 Prozent) der Befragten eine gleichbleibende oder bessere Geschäftsentwicklung. Zum Vergleich: Im Frühjahr prognostizierten zwei Drittel der Betriebe, dass sich die Geschäftslage im zweiten Quartal weiter verschlechtern würde. Nur 7 Prozent erwarteten damals eine Verbesserung.

Jeder fünfte Betriebsinhaber (Herbst 2019: 24 Prozent) ist davon überzeugt, das letzte Quartal dieses Jahres mit einem Umsatzplus abschließen zu können. 28 Prozent (Herbst 2019: 18 Prozent) erwarten das Gegenteil.

Was die künftige Auftragslage betrifft, rechnen 19 Prozent (Herbst 2019: 21 Prozent) der Betriebe mit einer Zunahme der Bestellungen, hingegen 29 Prozent (Herbst 2019: 21 Prozent) mit einem Rückgang. 53 Prozent (Herbst 2019: 58 Prozent) erwarten eine konstante Nachfrage.

Die Mehrzahl der Betriebe, nämlich 82 Prozent (Herbst 2019: 83 Prozent) beabsichtigt, die Zahl ihrer Mitarbeiter stabil zu halten. Immerhin 6 Prozent (Herbst 2019: 10 Prozent) planen, zusätzliches Personal einzustellen und 12 Prozent (Herbst 2019: 7 Prozent) erwarten einen Beschäftigungsrückgang. Auch bei diesem Umfrageindikator zeigt sich, dass sich der Blick auf die Zukunft verändert hat. Im Frühjahr gab ein Drittel der Betriebsinhaber an, Personal abbauen zu müssen, nur 4 Prozent wollten zusätzliche Stellen schaffen.

Saarbrücken, 27. Oktober 2020