Serie: 125 Jahre Handwerkskammer des Saarlandes Teil 2: Zwischen den Weltkriegen

Einweihungsfeier des „Haus des Handwerks“ in Saarbrücken
Foto: Handwerkskammer des Saarlandes


Nach dem Ersten Weltkrieg hatte der Versailler Vertrag tiefgreifende Auswirkungen auf das Saargebiet, das durch die Abtretung an das Deutsche Reich zu einem internationalen Brennpunkt wurde. Auch für die Handwerkskammer brachte der Vertrag Veränderungen mit sich: Sie wurde ab Ende 1919 als eigenständige Handwerkskammer Saarbrücken weitergeführt, während die Handwerkskammer Trier neu gegründet wurde. Eine Folge der politischen Neuordnung war die hohe Inflation, die auch die Finanzen der Handwerkskammer stark belastete. Trotz dieser schwierigen Umstände setzte sich die Kammer intensiv für die Ausbildung des Handwerksnachwuchses ein – ein zentrales Thema dieser Jahre.

Im Jahr 1920 waren bereits 2.100 Lehrlinge bei der Kammer gemeldet und 217 Gesellen legten erfolgreich ihre Meisterprüfungen ab. Doch die wirtschaftliche Lage verschlechterte sich zusehends. Politische Instabilität und die Weltwirtschaftskrise führten dazu, dass immer mehr Betriebe Unterstützung benötigten. In dieser Zeit war die von der Kammer eingerichtete „Rechts- und Steuerberatungsstelle“ eine wichtige Anlaufstelle für die Betriebe, die zunehmend Schwierigkeiten hatten, sich in einem unsicheren wirtschaftlichen Umfeld zurechtzufinden. 1927 wurde zusätzlich eine „Beratungsstelle für Betriebstechnik im Handwerk“ eingerichtet, die den Handwerkern in technischen und betriebswirtschaftlichen Fragen zur Seite stand.

Eine immer größere Rolle spielte auch die Öffentlichkeitsarbeit der Kammer. Ein wichtiges Ziel war es, die Bevölkerung über die schwierige Lage des Handwerks zu informieren und das Verständnis für die Bedeutung der Handwerksbetriebe in der Region zu fördern. Gleichzeitig drängte der Kammervorstand auf den Bau eines eigenen Kammergebäudes, um die steigende Zahl der Sitzungen und Prüfungen besser organisieren zu können. Im Jahr 1923 wurde der Wunsch nach einem eigenen Gebäude erstmals öffentlich geäußert, doch die finanziellen Mittel waren begrenzt.

„Haus des Handwerks“ errichtet

1927 fand die Kammer endlich ein geeignetes Gebäude: Ein ehemaliges Offizierskasino des Infanterieregiments in der Hohenzollernstraße wurde zum neuen Sitz der Handwerkskammer umgebaut. Der Architekt Ludwig Nobis übernahm die Bauleitung und in nur sechs Monaten entstand ein stattliches Gebäude im Stil der Bauhaus-Architektur. Am 10. Dezember 1929 wurde das neue „Haus des Handwerks“ feierlich eingeweiht. Trotz knapper Kassen war es der Kammer gelungen, ein repräsentatives Gebäude zu schaffen, das sowohl als Versammlungsort als auch als Prüfungsstätte für das Handwerk dienen sollte. Das Eingangsportal wurde mit kunstvollen Bildhauerarbeiten von Fritz Claus geschmückt, die das Gebäude zusätzlich verschönerten.

In den 1930er Jahren war die Weltwirtschaftskrise auch im Saargebiet deutlich zu spüren. Dennoch setzte sich die Handwerkskammer immer wieder für die Rückgliederung des Saargebietes in das Deutsche Reich ein. Dies gelang 1935 mit der Saarabstimmung und der anschließenden Rückgliederung des Saargebietes an das Deutsche Reich. Noch im selben Jahr trat das „Gesetz über den vorläufigen berufsständischen Aufbau des Handwerks“ in Kraft, das unter anderem die Einführung des „Großen Befähigungsnachweises“ als Voraussetzung für die Gründung eines Handwerksbetriebes vorsah. Auch die Eintragung in die Handwerksrolle wurde in dieser Zeit eingeführt.

Doch schon bald zeichnete sich ein tiefgreifender Wandel ab: Die Selbstverwaltungsorganisationen wurden unter die Kontrolle des Reiches gestellt. Die Jahre vor dem Zweiten Weltkrieg brachten nicht nur politische Umwälzungen, sondern auch die Zerschlagung traditionsreicher Strukturen, die das Handwerk über Jahrzehnte getragen hatten. 1943 wurde die Handwerkskammer in die Gauwirtschaftskammer Westmark eingegliedert. Am 5. Oktober 1944 schließlich wurde das Kammergebäude bei einem Großangriff auf Saarbrücken zerstört. Wie das ganze Land stand auch die Handwerkskammer vor einem Neuanfang.

Quelle: Fabry, Philipp W., Dr. phil., „Das saarländische Handwerk und seine Organisationen in Geschichte und Gegenwart“, Verlag „Die Mitte“, Saarbrücken, 1999

Der Artikel ist im Deutschen Handwerksblatt, Ausgabe Saarland im April 2025 erschienen.